Über em Rénate si Blog: alemannisch, saukomisch. Und 50plus

Über em Rénate si Blog: alemannisch, saukomisch. Und 50plus

Rénate kommt aus Freiburg. Sie ist schon in Rente. Noch nicht sehr lang. Und wenn ich ihr so zuhöre, denke ich oft: „Die war immer schon da.“ Manchmal fühlt es sich an, als hätten wir uns ein Leben lang gekannt. Sie schwätzt wie irgendjemand in mir, da ist mir was ganz nah. Und doch ist das völlig un-mög-lich!

  • Nicht, weil ich die „echte Rénate“ vor einem halben Jahr auf dem zweiten Treffen der 50plus-Bloggerinnen zum allerersten Mal gesehen habe.
  • Nicht, weil ich weder verstehe, was sie mir sagen will, wenn ich nur lese, was sie in ihrem Blog schreibt, ihr aber nicht gleichzeitig dabei auch zuhöre.
  • Nicht, weil ich gar nicht verstehe, was sie in ihren podcasts sagt, wenn ich es nicht gleichzeitig nachlese.

Sondern einzig und allein darum, weil ich in Stuttgart aufgewachsen bin. Schwäbisch!!! In Rénates Ohren offenbar noch schlimmer als sächsisch … Immerhin versucht sie in der Geschichte von der Wohnungssuche mit ihrer Freundin Gaby mit aller Macht, möglichen Vorurteilen gegenüber der Wohnungsmaklerin aus Sachsen Einhalt zu gebieten. Aber Schwaben! Aua!!!

„Do isch s ender um d Schwoobe gange. Säll verstand ich jo, dass mer mit soneme Dialekt nit göet läbe kann. Ich fänds schu au scheen, wänn s meh Schwoobe gäh dät, wu des au so sähne.“

So was schreibt sie, die Rénate (hier übrigens): Schwaben sollen gefälligst Hochdeutsch lernen! Denn mit so einem Dialekt könne man nicht gut leben. Obwohl: Ich hab ja überhaupt nie gelernt, schwäbisch „zu schwätzen“. Auch nach 30 Jahren nicht. Das erklärt mir dieses Gefühl, ich würde sie schon ewig kennen, also kein bisschen.

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Beate Ruf, fotografiert von Beate Ruf.

Alemannisch!

Klar ist: Die Rénate, die beherrscht ihre Muttersprache perfekt, in Schrift und Ton. Fremde, die mich beim Anhören ihrer podcasts erwischt haben, fragten sofort: „Ist das schweizerisch?“ „Elsässisch“?: „Ist das fränkisch?“

Nö, nichts davon. Es ist alemannisch. Hä?! Ja, das spricht man in Freiburg. Obwohl … Es ist kompliziert. Über eine Lesung der Autorin aus Rénate Blog heißt es in der Badischen Zeitung beispielsweise: „Ein wunderbarer Einfall folgt dem anderen, und das alles noch in einem überraschenden Alemannisch, wobei die Freiburger Variante im Wiesental teils etwas fremd klingt. Da heißt es manchmal ‚Zitung, hopfe, rumrenne, Beitrag, Iladung‘ anstatt ‚Zittig, gumpe, ummerenne, Bitrag, Iladig‘.“

Fremd. Und geheimnisvoll

Ach herrjeh, wenn ich das richtig verstehe, hat sie da wohl was falsch gemacht, die Rénate. „Rumrenne“ statt „ummerenne“ – und schon klingt es fremd?! Find ich komisch, für mich klingt alles richtig. Und: Wie kann ich mich einer ganz Fremden so vertraut und nah fühlen, wenn schon die rund 50 Kilometer zwischen dem Freiburger Münster und Hausen im Wiesental genügen, damit sie dort „fremd klingt“?!

Was hat es auf sich mit diesem Alemannischen?! Da gibts manches, das klingt geheimnisvoll … Historisch betrachtet, kamen sie von überall her, die Alemannen. „Zusammengespülte Menschen“ seien sie gewesen, stellt ein Sprachforscher fest. Und ein bisschen pathetisch waren sie wohl auch. Finde ich jedenfalls, nachdem ich diese Passage gelesen habe: „Gerne wurde […] die warmherzige Mundart dem papierenen Hochdeutsch gegenüber gestellt, ganz im Sinne der Zeilen aus einem Gedicht von Hermann Burte: „Hochdütsch, sell sin gsägti Bretter, / d Mundart isch e Wald im Saft.“ So steht es hier, über Menschen, die „der Heimat verbunden waren.“

Saukomisch statt schwülstig

Also, „Wald im Saft“?! Ne, niemals! Von so schwülstigen Dingen ist sie meilenweit entfernt, die Rénate, die ich kenne. Die in ihrem Blog von Kellergerümpel, Klassentreffen, Klotüren, Planschbecken, Gladiolen, dem Tönen grauer Haaransätze, Bratwürsten oder dem Badeanzug-Kauf erzählt. Alles ganz alltäglich. Und doch saukomisch. So, wie das kleine Stück Spaghetti, das einem beim Nudelessen schon mal an der Oberlippe kleben bleiben kann …

ACH!

Das also war es die ganze Zeit! Das einzige Youtube-Video, das die Rénate (oder soll ich sagen: Beate Ruf?) beim Vorlesen aus ihrem Blog zeigt, erinnert mich an den einzigartigen Herrn von Bülow … Ihr wisst schon. Loriot. So treffsicher. Ungerührt. Lakonisch nebenbei. Und doch immer sehr anwesend, so ist auch die Renate. Natürlich auch: dieses Sofa! Darum kam sie mir von Anfang an so vertraut vor. Und über alle beide kann ich lachen, bis ich vielleicht doch noch was ganz Doofes sagen will. Aber dann bestimmt auf hochdeutsch!

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Blogs50plus, die in gar kein Raster passen …

Dass ich hier über Rénates Blog schreibe, hat den einfachen Grund, dass ich noch immer mitten in meiner Reihe der Vorstellung unserer bald 250 Blogs von Menschen „50plus“ bin. Die Reihe geht weiter. Und es wird in Zukunft auch immer mal wieder solche „Ausreißer“ geben wie den hier … Blogs, die eben einfach in gar kein Raster passen. Manchmal ist es fast Zufall, dass eine Bloggerin schon über 50 ist. Obwohl: Es ist ja nicht so, als wäre das em Rénate si Blog kein Thema … Ganz im Gegenteil! Ich sag nur: Zirkeltraining. Schwimmbad. Oder (Hormon-)Yoga. Eine Rubrik heißt sogar gleich „geschtern un hit“, Klassentreffen zum Beispiel … Ach, lest doch selbst!

Ich freue mich, wenn ihr diesen Beitrag in die Welt tragt ... danke!

5 Gedanken zu „Über em Rénate si Blog: alemannisch, saukomisch. Und 50plus

  1. Liebe Maria,
    das ist das beste Weihnachtsgeschenk! So viele wohlwollende Worte.
    Ich bin gerührt und sprachlos. Wie du schon bemerkt hast, ist es nicht so mein Genre mit dem Wald und dem Saft.
    Dir, liebste Maria wünsche ich glückliche Festtage. Komm gut ins neue Jahr.
    Ich freue mich auf ein Treffen im April in Bayern.
    Beate aus Freiburg

    1. Liebe Beate,

      jedes Wort ist ernst gemeint!! Und das mit dem Weihnachtsgeschenk siehst du richtig .. Ich will schon so lang über deinen Blog schreiben, dass es jetzt genau das sein musste! In diesem Sinnes: wundervolle Feiertage – und bis im nächsten Jahr …

      Herzlich
      Maria

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