Beruflicher Neustart 50plus: Rat und Tat bei Existenzgründung
Wer arbeitslos ist und sich selbstständig machen möchte, hat ein Problem – zumindest dann, wenn er nicht das „Kleingeld“ hat, um seine Existenzgründung allein zu finanzieren.
Gründungszuschuss? Ermessenssache!
Zur Zeit liegt die Befürwortung zur Bewilligung eines Gründungszuschusses nämlich im Ermessen des Sachbearbeiters jenes Amts, das die Arbeitslosenhilfe, bzw. das Arbeitslosengeld zahlt – ja, das ist auch für „Hartz4-Empfänger“ möglich. Das bedeutet: Ich beziehe weiterhin das Geld, das mir noch mindestens 150 Tage lang zusteht, bekomme für die als Selbstständige dann selbst zu zahlenden Versicherungen ein halbes Jahr lang einen zusätzlichen Betrag. Und vor allem: Ich darf in diesem halben Jahr auch wirklich meine Selbstständigkeit starten, sprich: etwas dazu verdienen. Es gibt noch eine Verlängerungsoption, doch die lasse ich jetzt mal weg.
Gründungsberatung
Der Sachbearbeiter prüft also den Antrag. Und der hat viele, ziemlich strikte Auflagen. Ich habe dieses Procedere erfolgreich durchlaufen – und hätte das niemals ohne die Hilfe einer Gründungsberaterin geschafft. Nebenbei: Auch die Gründungsberatung kostet Geld, ein Teil davon kann aber wieder von einem andren Amt erstattet werden…. Ich führ das hier jetzt nicht aus. Nur so viel: Gute Gründungsberater machen nicht nur darauf aufmerksam – sie helfen auch dabei, dieses Geld zu bekommen.
Kleines Interview mit einer Gründungsberaterin
Jetzt erst einmal fünf Fragen an die Gründungsberaterin meines Vertrauens, Dagmar Schulz, die mit 1a-Startup eine Unternehmensberatung für Existenzgründung, Marketing, Finanzierung und Fördermittel in Düsseldorf betreibt:
Dass das Vorhaben, sich beruflich selbstständig zu machen, viele notwendige Voraussetzungen hat, ahnen die meisten Menschen. Doch was ist mit Menschen, die mit 50plus neu gründen möchten? Gibt es für die zusätzliche Hürden, Probleme oder schlicht Dinge, die sie anders im Blick haben sollten als jüngere Menschen?
Egal in welchem Alter Frau oder Mann gründet, die Reihenfolge und Vorgehensweise ist zunächst einmal dieselbe. Einige Unterschiede gibt es jedoch bei den ganz persönlichen Hürden. Es gibt aber andererseits auch eine ganze Reihe von Vorteilen, die nicht unerheblich sind.
Besondere Hürden könnten sein
- Veraltetes Wissen. Insbesondere nach einer „Pause“ fehlt häufig das lückenlose Fachwissen im eigenen Spezialgebiet. Hinzu kommen oft fehlende Kenntnisse im kaufmännischen und betriebswirtschaftlichen Bereich.
- Berührungsängste mit den neuen Medien: ohne das Internet und oder Social Media geht fast gar nichts mehr. Wer sich absolut dagegen wehrt sollte sich hierzu Unterstützung holen.
- Verlorene Kontakte: häufig lassen die so wichtigen Verbindungen nach der Aufgabe in der beruflichen Funktion nach, die dann jedoch für die Gründung so wichtig sind.
- Zu geringes Startkapital – insbesondere bei denjenigen die nach langer Familienpause wieder in das Berufsleben einsteigen möchten.
- Weniger Zeit für Kreditrückzahlung: gut bedachte Finanzierungsplanung bringt gleichzeitig die geringere Gewinnmarge für eine Bank mit und auch die besondere Prüfung der Ausfallwahrscheinlichkeit des Kredites im Vertragszeitraum.
- Starke Belastungen: das eigene Kräftepotenzial wird häufig mit der Motivation verwechselt und unterschätzt. Damit ist die körperliche und geistige Fitness sowie die notwendige Bereitschaft auf Veränderung und Flexibilität gemeint. Insbesondere wenn die Gründerperson alle Funktionen eines Unternehmens abdecken muss.
Schulz betont ganz klar, dass diese „Hürden“ keinesfalls auf alle älteren Gründer/innen zutreffen müssen. Und sie rückt ebenso klar die „besonderen Startvorteile“ von älteren Menschen, die sich selbstständig machen wollen, in den Fokus. Die sind: Lebens-, Berufs-, Branchen- und Führungserfahrung sowie „Gelassenheit bei Problemen“ und die Fähigkeit, auf sich selbst vertrauen zu können.
Gibt es für ältere Gründungswillige andere, zusätzliche Hilfsangebote als für jüngere Menschen?
Leider gibt es keine besonderen Hilfsangebote speziell für ältere Gründer/innnen. Hier gelten bundesweit – je nach Bundesland – unterschiedliche Förderangebote.
Sie sind eine Gründungsberaterin mit langjähriger Erfahrung. Wie hat sich aus Ihrer Sicht das demographische Bild der Gründungswilligen in Deutschland in den letzten zehn Jahren verändert?
Die Bevölkerung wird immer älter, zusätzlich sind die Bedingungen am Arbeitsmarkt für Ältere häufiger unattraktiv oder gar nicht gegeben, so dass als Alternative „nur“ die Gründung bleibt. Immer mehr haben aber auch den Ansporn, beruflich endlich mal das zu machen, was sie selbst wollen.
Und wo sehen Sie die Ursachen für diese Veränderung?
Durch mehr Aufklärung ist das Bewusstsein für die Möglichkeiten der Existenzgründung aufgerüttelt worden. Das Thema hat in der Öffentlichkeit mehr Aufmerksamkeit erhalten, so dass der Mut zu diesem Schritt tendenziell leicht ansteigt. Zum Beispiel gibt es vom RKW, dem Rationalisierungs- und Innovationszentrum der Deutschen Wirtschaft e.V., den „Empfehlungskatalog Senior Entrepreneurship„, der bei diesem „Aufrütteln“ helfen soll – und an dem ich mitarbeiten durfte.
Haben Sie einen persönlichen Rat für Gründungswillige „50plus“?
Der Kopf ist rund um die Denkrichtung ändern zu können.
So weit Dagmar Schulz – ganz herzlichen Dank!
Weitere Tipps und Ratgeber
Auf akademie.de haben diverse Autoren Listen erstellt, mit Tipps und Anlaufstellen, Web-Adressen, Agenturen und Unternehmen, die bei der Gründung mit 50plus helfen könnten. Leider ist vieles davon schon älter… trotzdem: gucken lohnt sich vielleicht doch. Hier die Liste.
Sehr viel aktueller ist das Portal „Gründer50plus„, das beispielsweise ein „Turbo-Seminar von der Idee bis zum Konzept“ anbietet – ausdrücklich für Menschen über 50. Hier – wie bei allen Gründungsberatungen – gilt allerdings ausdrücklich: Es ist immer Vertrauenssache, welche Berater man wählt. Ich halte es für ziemlich wichtig, dass Berater viel Erfahrung und Einfühlungsvermögen haben, dass die Chemie zwischen ihm/ihr und mir stimmt…
Sogar die Bundsregierung scheint langsam mit dem Umdenken zu beginnen… Jedenfalls gibt es hier eine recht aktuelle Liste mit Tipps für Stifungen, Fonds und anderen, die bei einer Gründung mit 50plus helfen könnten. Ist allerdings ein ziemliches Sammelsurium – da ist vom Finanzservice bis zum Vermittlungsdienst für Großmütter als „au pairs“ in Familien mit Kleinkindern alles drin.
Und schließlich noch die Liste der Buchempfehlungen von Ulrike Bergmann, der „Mutmacherin“ vom Chiemsee – weil sie so eine schön große Spannweite von reinen „Bewerbungsratgebern“ über schwierige Lebensthemen bis hin zu sprirituellen Ansätzen hat.
2 Gedanken zu „Beruflicher Neustart 50plus: Rat und Tat bei Existenzgründung“
Liebe Maria,
ich bin so glücklich, dass ich Dich und Deinen Blog gefunden habe (sowie das Netzwerk überhaupt).
Da bekomme ich gerade einen Input nach dem anderen :-).
Auf alle Fälle werde ich mir auch professionelle Hilfe holen.
Gründer50plus bietet auch Seminare bei München an, da hatte ich mich schon einmal informiert.
Neu für mich ist die Mutmacherin Ulrike Bergmann. Bis nach Prien sind es von mir aus ca. 70 km :-).
Sagte nicht Goethe schon: „Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah…“.
Danke auch für die anderen Links – das sind wahre Schatzkästchen.
Ich freue mich riesig, vielen Dank – lass Dich mal aus der Ferne ganz lieb drücken.
Herzliche Grüße,
Sabine
Liebe Sabine, das freut mich sehr! Und Ulrike Bergmann ist richtig toll – nach allem, was ich „von fern“ von ihr kenne….
Es macht mich glücklich, wenn ich Menschen zusammenbringen kann.
Dir alles Gute,
lieben Gruß
Maria