Bücherschreiben und Älterwerden
Bücher schreiben zwischen Beziehungschaos und Jobsuche, zwischen Kleinkind(ern), Hausbau und/oder Wohnungssuche, Hochzeitsvorbereitungen oder Liebeskummer? Ja, geht alles. Sind auch wirklich gute Buchthemen. Aber meistens ist es doch so: Das, wo ich gerade mittendrin stecke, ist schwerer überschaubar und be-schreibbar, als wenn ich etwas Abstand dazu habe. Und damit Bücherschreiben Spaß machen kann, ist es kein Fehler, wenn ich beim Schreiben neue Blicke entstehen lassen kann – auf mich selbst, auf Ereignisse, Entwicklungen. Darum bin ich der Meinung: Ja, natürlich lassen sich Bücher auch im Alter von 20 oder 30 Jahren gut schreiben. Aber die Option, sich vielleicht mit über 50 das erste Mal damit zu befassen, wie es denn wohl wäre, ein Buch zu schreiben, sollte bitte auch nicht unterschätzt werden!
Vorteile Bücherschreiben mit 50plus
Als „alte Germanistin“ denke ich ja immer noch, dass ich beim Bücherschreiben dringend zwischen „Sachbuch“ und „Belletristik“ unterscheiden sollte. Aber immer, wenn es um das Älterwerden und Bücherschreiben geht, merke ich: Das ist gar nicht nötig. Zumindest nicht im ersten Schritt. Nicht, wenn es um das geht, was uns trägt, was den größten Teil unserer Motivation ausmacht … Die Frage nämlich: WAS wollen wir erzählen?
Das hat sicher auch mit den Chancen von Selfpublishing zu tun. Da müssen wir uns nicht sklavisch an Verlagsvorgaben halten wie: Schreibe nur für gut verdienende, kinderlose Frauen zwischen 20 und 23! Ich übertreibe ein bisschen … Aber ähnliche Vorgaben sind in Verlagen mittlerweile durchaus üblich. Natürlich müssen sich auch Selfpublisher früher oder später entscheiden, welches Genre sie wählen wollen. Da führt kein Weg dran vorbei, denn das hat Konsequenzen: für den Stil des Erzählten, für Anmutung, Klappentext und Coverdesign. Wer sich das mal näher ansehen möchte, sollte einen Blick in die Serien von Matthias Matting und im Literaturcafé werfen. Beide beantworten regelmäßig die Frage: Warum funktioniert mein selbst publiziertes Buch nicht so, wie ich mir das vorgestellt habe? Nicht selten ist die Antwort: Genre, Zielgruppe und/oder inhaltlicher Fokus sind unklar. Das geht überhaupt nicht, auch und gerade nicht als Selfpublisher. Denn in der Flut jährlicher Buchneuerscheinungen sollten wir Leserinnen und Lesern die bestmögliche Orientierung geben: Was erwartet mich mit diesem Buch? Vor allem darum geht es. Weniger um das Erzählen selbst. Da dürfen nämlich durchaus Sachbuchthemen sehr persönlich erzählt werden. Da darf – und sollte! – der historische Krimi breites historisches Sachwissen vermitteln. Meine Beobachtung ist. Die Grenzen zwischen „fiktional“ und „non fiction“ waren noch nie so durchlässig wie heute. Und das kommt gerade älteren Menschen häufig zugute: Sie HABEN was zu erzählen. Nicht selten sind es die biografischen Elemente, die unsere Bücher allen anderen als dicken Pluspunkt voraushaben. Dass wir uns dabei ein Thema suchen, nicht selten unser Fachwissen aus mehreren Lebensjahrzehnten ebenfalls vermitteln wollen und werden, ist da beinah schon selbstverständlich.
Passt perfekt: Bücherschreiben und Älterwerden
Ich beobachte häufig: Bei Menschen mit über 50 ist es nicht selten so, als würde mit dem Bücherschreiben regelrecht eine Pipeline angezapft, aus der die Erfahrungen nur so sprudeln. Und – ganz wichtig: Wer über 50 ist, hat in aller Regel auch schon eine Haltung zu dem entwickelt, was er oder sie erzählen möchte. Wenn diese Haltung bei Beginn des Schreibens vielleicht noch nicht so deutlich ausgeprägt ist, gibt es kaum eine bessere Chance sie zu entwickeln als in einem sehr bewussten, möglichst intensiven Schreibprozess. Und genau das ist eins der größten „Wunder“ des Bücherschreibens: Ich kann und darf mich entwickeln! Funktioniert natürlich auch, wenn man noch jünger ist … Aber ich behaupte: Wer über 50 ist, für den ist quasi die Zeit selbst schon reif zum Bücherschreiben … Ja: Endlich arbeitet die Zeit da auch einmal FÜR uns!
Bücher mit über 50 – Beispiele
Ingrid Noll war 56, als sie ihr erstes Buch veröffentlichte – seitdem reißt die Serie ihrer Bestseller gar nicht mehr ab. Nika Lubitsch war 59, als sie unter eben diesem Pseudonym ihren ersten Mega-Bestseller schrieb als Selfpublisherin schrieb. Der „Siebte Tag“ wurde verfilmt und führte – ebenso wie fast alle folgenden Bücher – wochenlang die Bestsellerlisten an. Greta Silver toppte das Ganze noch: Sie schrieb erst mit 63 ihr erstes Buch. Wolfgang Schiele wollte sich als Rentner sehr bewusst ein zweites Standbein aufbauen: Er schrieb dafür sein erstes Buch – und das erschien prompt im renommierten Springer-Verlag. Klaus-Peter Wolf, der Mann mit den „Ostfriesenkrimis“ war knapp 50, als er beginnen konnte, wirklich als freier Schriftsteller zu leben.
Das sind nur ein paar Beispiele – und zwar fast alle von ziemlich erfolgreichen Autorinnen und Autoren. Die Zahl derer, die niemand kennt, und die dennoch mit 50plus erst ernsthaft mit dem Bücherschreiben begonnen haben, ist vermutlich gigantisch groß. Das wäre an sich gar nicht weiter erwähnenswert, wenn nicht ein Großteil dieser Menschen wirklich glücklich geworden wären mit dem Schreiben … Ich kenne ein paar von ihnen und versichere: Es stimmt, dass Schreiben glücklich machen kann!
Lust bekommen, es selbst zu versuchen? Naja, ich kenne da zum Beispiel eine Buchhebamme … Die ist selbst über 50 und kennt sich mit allem, was mit Älterwerden und Bücherschreiben zu tun hat, bestens aus …
Hinweis in eigener Sache
Ich bin überzeugt davon, dass für jede Art von geplantem Buchprojekt der Eigensinn der weltbeste Kompass ist, den wir finden können. Warum, wie das geht und wer das schon erfolgreich vorgemacht hat, beschreibe ich im ersten Band meiner Trilogie des Eigensinns. Und zwar immer wieder auch mit Blick auf das Älterwerden …