Menschen & Fische sind kompliziert. Über Älterwerden und das Entweder-Oder
Okay, ich oute mich mal: Mein Sternzeichen sind die Fische. Ich habe – wie bei so vielen Dingen – ziemlich lange gebraucht, bis ich kapiert habe, was es damit auf sich hat. Dabei ist es auf jedem x-beliebigen Sternzeichen-Zuckerwürfel unschwer zu erkennen: Wir sind zwei. Immer. Der eine Fisch schwimmt nach rechts, der andere nach links. Und zwar gleichzeitig.
Tja. Das ist spannend, aufregend, manchmal kreativ … Aber auch ziemlich anstrengend. Und wie ich jetzt verstanden habe, wohl vor allem für andere. Denn natürlich hat es einen Grund, dass ich das hier schreibe. Das hat mit meinem Angebot als selbstständige Dienstleisterin zu tun. Die beiden Fische schaffen es nämlich mühelos, dass der eine sich sehr wohlfühlt, wenn er tagelang kaum redet, ganz allein vor sich hinarbeitet, etwa als Lektorin auf der Suche nach Schreib-, Komma- und anderen Fehlern. Während der andere Fisch gleichzeitig mit dem Kopf in den Wolken steckt – und von irgendwas träumt. Nein: Ich hab keinen Dachschaden! Ich schaffe das mühelos.
Bei anderen Gelegenheiten prescht einer der beiden im Gespräch immer wieder ganz fürchterlich nach vorn, wird auch mal unhöflich und fällt vor lauter Begeisterung anderen Menschen ins Wort. Pfui! Das meine ich wirklich. Und kanns doch oft nicht lassen. Denn ich weiß immer: In dieser Zeit beobachtet der andere Fisch meine Gesprächspartner ganz vorsichtig, manchmal liebevoll, immer sehr ruhig. „Zugewandt“ ist wohl das derzeit gängigste Wort dafür. Merken meine Gesprächspartner/innen aber leider meist nicht … Und darum sieht es wirklich oft unhöflich aus. Weiß ich, sorry!
Ich kenne das alles, seit ich denken kann. Und seit mehr als 50 Jahren kämpfe ich um den Punkt, an dem ich sagen kann: „So bin ich halt. Und steh‘ jetzt endlich auch mal dazu!“ Inzwischen habe ich diesen Punkt – ansatzweise – für mich gefunden. Der ermöglicht es mir tatsächlich, als Lektorin stundenlang konzentriert und ganz still jedem Fehler nachzujagen, als Journalistin Menschen mit Fragen zu „löchern“ und als Coach die beiden Dinge zusammenzubringen.
Ja: Es hat was mit dem Älterwerden zu tun! Dass ich nicht mehr trennen will in „beruflich“ so und „privat“ ganz anders. Ich hab wirklich viel zu lang versucht, mich zu verbiegen … Jetzt also: Nach Möglichkeit bitte so wenig Kompromisse wie möglich. Das ist für mich das Beste am Älterwerden, dass ich mir so was erlauben darf. (Klar: Meine eigene Blödheit! „Gedurft“ hätte ich natürlich schon immer …)
Aber wie sehen das meine potentiellen Kunden/Kundinnen? Schwierig! Den stundenlang schweigenden Fisch kriegt ja kaum jemand zu Gesicht. Und so passiert es mir jetzt nicht zum ersten Mal, dass der laute Fisch die Menschen verschreckt … Okay: So wenig Kompromisse wie möglich! Ich bleibe dabei. Aber auch dem oft so beharrlich stillen Fisch würde ich gern Gerechtigkeit widerfahren lassen. Denn es ist ja so: Auch der laute Fisch braucht immer mal wieder einen Rückzugsraum. Die beiden passen nämlich sehr gut aufeinander auf. Vermutlich kann ich nur so überleben – danke, ihr beiden!
Das Schwierige bei alledem ist eben nur, dass sich so wenig Menschen vorstellen können (oder wollen?), dass nichts nur Entweder-Oder ist … Nicht still ODER laut, beides geht, fast gleichzeitig. Jedenfalls bei mir.
Die Sache mit den Fischen ist natürlich nichts weiter als eine gerade sehr passende „Krücke“ – ich glaube nur sporadisch an die Sache mit den Sternzeichen …. Und bin absolut überzeugt davon, dass auch Menschen mit anderen Sternzeichen vor ähnlichen Fragen stehen. Beispielsweise: Bin ich introvertiert oder extrovertiert? Die meisten Menschen sind nämlich beides. Für mich steckt hinter diesem ewigen Entweder-Oder kaum was anderes als der hilflose Versuch, sich eine immer schwieriger werdende Welt irgendwie einfacher zu machen. Verstehe ich! Sehr gut sogar! Aber, bitte: Lasst uns damit nicht ausgerechnet bei den Menschen anfangen, die wir treffen! Menschen sind kompliziert – und sollten es unbedingt auch bleiben dürfen. Sonst lässt sich alles so schnell in Pseudo-Normen pressen: „Du musst so sein/werden …“ Du scannst dein Gegenüber und weißt sofort: „Ach ja, gehört in DIE Schublade! Ab damit!“ Das weckt unsere Neugierde nicht mehr, alles wird schrecklich schnell langweilig. Zumindest sieht das einer der beiden Fische so … Der andere schielt allerdings schon wieder in die Ecke, in der er endlich Ruhe vor all diesen komplizierten Fragen hat …
(Und ich schwöre mir währenddessen, das mit dem Anderen-Menschen-ins-Wort-Fallen endlich bleiben zu lassen.)
Wie geht euch das? Bitte nicht nur Menschen mit Sternzeichen Fische antworten ?
14 Gedanken zu „Menschen & Fische sind kompliziert. Über Älterwerden und das Entweder-Oder“
Hallo zusammen,
weiß gar nicht, ob es hier noch jemand liest.
Bin irgendwie eine geborene Löwin, aber irgendwie auch eine geborene Jungfrau. Irgendwie scheiden sich da die Geister. Mir wurde auf jeden Fall schon mal gesagt, dass ich keine Löwin bin.
Auf jeden Fall kenne ich das mit dem introvertiert und extrovertiert sein sehr gut. Wobei ich mich persönlich eher als extrovertiert sehe.
Habe vor einiger Zeit eine Dame mit dem Sternzeichen Fisch kennen gelernt und weiß allerdings nicht, ob sie mich auch mag, so wie ich sie.
Wie zeigt ihr Fische Frauen das? Bisher habe ich noch nichts vernommen können, oder ich habe es vielleicht auch unbewusst nicht gemerkt, ob es Anzeichen gab.
Würde mich über eine Antwort sehr freuen.
Liebe Stefanie,
ich mag die ganze Sternzeichengeschichte ja eigentlich dann am liebsten, wenn sich unvorhergesehene Dinge daraus ergeben… Und dann grinse ich darüber, wirklich ernst nehmen mag ich es nicht. Typisch Fisch? Keine Ahnung. Ich spiele gern einfach damit rum …
So zum Beispiel jetzt … War grad im Kino und hab den Film von Wim Wenders über Anselm Kiefer gesehen. Da hab ich mit mir selbst eine Wette abgeschlossen: Wetten, dass Anselm Kiefer Fisch ist? Kaum zu Hause, nachgeguckt: ja, stimmt. Und dann lese ich deinen netten Kommentar …
Weißt du was? Wim Wenders ist Löwe. Ich liebe so was. Und grinse vor mich hin …
Maria
Ich kenne viele Fische und bei allen handelt es sich um hochkomplizierte und sehr sensible Menschen. Das macht sie natürlich auch sehr sympathisch und zugleich als Gesprächspartner mehr als wertvoll.
Auch wenn der ungeduldige Stier in mir dann manchmal heimlich mit dem Huf scharrt 🙂
Es ist schon gut so, dass nicht alle Menschen gleich sind. (ich)
Und Sternzeichen bestimmen nicht, sie machen einen nur geneigt. (Schiller)
Und der Aszendent ist viel wichtiger (meine Freundin, die Astrologin)
LG
Sabienes
Hach, ich danke dir gleich doppelt!!! Ich sehe, dass die Kommentarfunktionen hier noch immer ordnungsgemäß funktionieren, nachdem ich alle möglichen Plugins ausgeschaltet habe … (ich sag nur: DSGVO!) Konntest du natürlich nicht wissen, aber damit hast du mir einen sehr großen Gefallen getan, als ich grad noch überlegte, wen ich denn mal um einen Probekommentar bitten kann 🙂
Und Aszendent … tja, das ist vermutlich der Faktor, der beim Älterwerden erst richtig wichtig wird … Denn das ist – wenn ich es richtig verstanden habe – die Richtung, IN die wir gehen. Bei mir vermutlich übrigens auch ein Stier. Oder ein Widder … da sind sich Tabellen und/oder Hobby-Astrologen-Freunde nie einig … Das war übrigens genau der Punkt, an dem ich gemerkt habe: nee, muss ich nicht wirklich ernst nehmen. Schön ist, dass ich seitdem immer von Fall zu Fall neu bewerten kann, in welche Richtung ich denn jetzt wohl gehe 🙂
Hab ein wunderbares Wochenende!
Lieben Gruß
Maria
Das ist ja interessant liebe Maria. Anscheinend geht es nicht nur den Fischen so. Auch die Waagen haben so ihre Probleme – wie man unschwer an meinem letzten Blogpost erkennen kann.
Und ich dachte, es ist ein Sternzeichen-Phänomen 🙂
Das Schöne am Älterwerden ist ja, dass man sich nicht mehr die Butter vom Brot nehmen lässt.
„Das muss ich erst prüfen“ finde ich gut 😉
Liebe Grüße Sabine
Liebe Sabine,
hihi, ich merke grad: Auf die Weise kriege ich allmählich raus, was ihr alle für Sternzeichen seid … War nicht unbedingt Absicht – allenfalls unbewusst 😉 Und auch sonst erfahre ich hier wirklich viel Interessantes. Danke dafür!
Herzliche Grüße
Maria
Hallo Maria,
ich bin Waage und auch da kenne ich das „Problem“. An sich bin ich im Lot, doch manchmal ist eine Waagschale ganz oben, die andere ganz unten. Das mit laut und leise, da arbeite ich dran. Den Satz „ich bin halt so lasse ich nur bedingt gelten“ also für mich, ich arbeite an Dingen schon an mir. Da habe ich einen kleinen Trick von Ingrid begeistern.net. Ein Gummibändchen in einer Lieblingsfarbe am Handgelenk tragen, wann immer man es schafft, eine bekannte Situation zu verändern, dann das Bändchen auf die andere Hand wechseln. Es hilft wirklich und man denkt einfach öfter daran, was man sich vorgenommen hat. Aber aus einem Ferrari wird halt auch kein VW Käfer, symbolisch. Liebe Grüße Gabi
An sich bin ich ganz zufrieden mit mir.
Liebe Gabi,
auch ein guter Trick!
Ganz herzlichen Dank dafür!
Maria
Das mit dem „ins Wort fallen“ passiert mir leider auch oft. Irgendwie bin ich im Kopf immer schon ein Stückchen weiter, als mein Geprächspartner. Ist wirklich nicht die feine Art, aber auch ich arbeite daran.
Liebe Karin,
ja, das ist ja schon mal ein feiner, gemeinsamer Vorsatz 😉 Und nebenbei: Schriftlich ist das ja kaum möglich … Auch ein Grund dafür, warum ich so gern schreibe.
Hab eine gute Zeit!
Herzliche Grüße
Maria
Diese Zwiespältigkeit kenne ich auch. Mir persönlich fällt es schwer, keine Kompromisse zu machen, da ich auf meine eigene Freundlichkeit herein falle, etwas zusage und erst später darüber nachdenke, ob ich dies wirklich will. ich habe mir dazu einen Trick einfallen lassen. Bei allen Gelegenheiten sage ich, »ich muss das prüfen und melde mich«. Keine Entscheidung zwischen Tür und Angel. Das klappt recht gut und mehr selbstbestimmte Zeit – beruflich wie privat – habe ich auch dadurch.
Mittlerweile schwebe ich als Beobachter meiner eigenen Situation über mir, wenn es brenzlig wird und der laute Fisch dem leisen den Ruheraum zu beschneiden versucht.
Ein Fisch der ersten Dekade 🙂
Liebe Sylvia,
oh! Ganz herzlichen Dank für diesen super guten Tipp. Das hämmere ich mir jetzt ein: „Ich muss das prüfen!“ „Ich muss das prüfen …“ Ist wirklich gut!
Ein herzliches Blubb aus sonnenwarmem Wasser … Oder so.
Maria
Liebe Maria, du bekommst auch noch eine ausführlichere Antwort. Nur mal so als erstes: schreibst du über mich??
Bin mit einem Fisch verbandelt. Selbst ein Krebs?LG Geertje
Bin seit gestern on beim plus50blog!! Kann ich mich bei „Tussi“ per mail bedanken? Tussi meine ich liebevoll!!
Werbung für euch in meinem Blog hatte ich ja auch schon vorher kräftig gemacht. Jetzt sind wir vereint?
Liebe Geertje,
ja dann: erst mal ein ganz herzliches Willkommen!
Sonnige Grüße
Maria