Mindestens fünf Kilo Brausepulver … Oder: Greta Silver

Mindestens fünf Kilo Brausepulver … Oder: Greta Silver

Das habe ich wirklich noch nie gemacht … ein Buch auf die Küchenwaage gelegt: 350 Gramm Brausepulver! Die sich allerdings wie mindestens fünf Kilo anfühlen. Es geht um das Buch von Greta Silver „Wie Brausepulver auf der Zunge“.

Zu bestellen beispielsweise im Shop der Autorenwelt hier – daher stammt auch das Foto.

Greta Silver, Älterwerden, Glück des Älterwerdens, 50plus, 60plus, 70 plus

Explosionen von Glück. Und Brausepulver

Die Frau muss ich kaum noch vorstellen, oder? Sie ist im Moment fast überall präsent – und wirklich eine 70-Jährige, bei der man gern mehr als einmal hinguckt. Beim Lesen des Buches hatte ich stellenweise ein Gefühl, als ob das Glücklich-Sein förmlich vor meinen Augen explodierte. Manchmal ist dieses Buch fast schon radikal: 70 Jahre Leben auf nur 203 Seiten zu packen, das allein ist schon eine Leistung! Und dann noch jede Menge guter Ratschläge obendrauf. Funktioniert nur, weil Greta Silver äußerst konzentriert schreibt, manche Passagen kamen in fast atemlosem Stakkato bei mir an … „Das wunderschöne Haus am Stadtrand von Hamburg überstieg unsere finanziellen Vorstellungen. Aber es war unser Traumhaus. Und der große verwunschene Garten. Es war viel zu teuer. Aber der Erker. Es war nicht unsere Preisklasse. Aber wie wohnlich es geschnitten war!“ Rein sprachlich gesehen, ist das natürlich Absicht, das Lesen macht Spaß, es animiert.

Aber beim Weiterlesen habe ich mich manchmal schon gefragt, ob sie es nicht ein wenig übertreibt, mit all den „vorwärts! Sei mutig! Wirf Altes über Bord! Du allein bist für dein Glück verantwortlich!“ Das sind meine Worte … Im Original liest sich das so: „Ich selbst bin für mein Glück zuständig, keiner wird sich vor mich hinstellen und sagen: ‚Greta, ich mach jetzt dein Leben schön‘. Ich allein trage die Verantwortung für mein Leben, wenn ich glücklich sein will …“ Wohlgemerkt: Mit allem, was sie schreibt, hat sie durchaus Recht. Und sie schreibt gut. Aber insgesamt rückt dieses Buch für mich doch in bedenkliche Nähe zu der fatalen Spirale der ständigen Selbstoptimierungen … Müssen wir das jetzt etwa auch noch im Alter tun?! Hier nur mal einige Kapitelüberschriften: „Wir können mehr, als wir glauben“, „Trauer schafft Tiefe“, „Lebe die beste Version von dir selbst“, „Lustvoll abnehmen“.

Mut zum Älterwerden!

Fast schäme ich mich ja ein bisschen, das alles zu schreiben  … Denn wovon Greta Silver da berichtet, ist doch genau das, was ich mir für das Älterwerden so sehr wünsche: nicht jammern, nie stehenbleiben, jeden Morgen neugierig sein auf das, was da kommen wird, alles über Bord werfen (dürfen), was nicht (mehr) passt, nicht glücklich macht, mir nicht (mehr) entspricht. Ja. In alldem ist Greta Silver absolut großartig – und das meine ich ganz ernst. Sie fordert nicht, sie spricht von sich, aus eigener Erfahrung, sie will Mut machen. Und sie macht Mut. Und zwar – ganz wichtig – jungen UND älteren Menschen gleichermaßen. Das ist – ohne jede Einschränkung – einfach nur fabelhaft. Und: Es passt hundert Prozent zu ihr, zu ihrem Leben, ihrer Haltung … Da muss man nur mal ihren Youtube-Kanal besuchen…

EINE Stimme von vielen

Ich bin auch ganz sicher nicht neidisch auf ihren absolut verdienten Erfolg. Ich freue mich unbändig, dass sie das Thema Älterwerden so vehement, so sympathisch ins Blickfeld der Öffentlichkeit rückt. Genau das wollte ich ja immer … Davon träume ich doch die ganze Zeit. Was habe ich denn jetzt bloß für Bedenken?! Es liegt ganz und gar nicht an Greta Silver. Sondern vielmehr daran, dass sie zur Zeit so einsam in der (Medien-)Landschaft steht. Anders gesagt: Ich finde es schade, dass dies nur EINE der Stimmen in jenem Chor älter werdender Menschen ist, die wir derzeit so überdeutlich hören … Und die anderen (vorläufig noch) nicht gehört werden. Ich wünsche mir, dass dieser Chor ergänzt wird um Stimmen von Menschen, die es nicht ganz so leicht schaffen, alles in Brausepulver zu verwandeln. Es vielleicht noch nicht mal wollen. Die lieber innehalten möchten, nur genießen, auch mal längere Zeit trauern und vielleicht sogar ganz bewusst mal länger mit etwas hadern wollen … Warum denn auch nicht?

Müssen wir wirklich?

Mir ist ein bisschen mulmig bei der Vorstellung, dass Greta Silver so sehr zum Role-Model  des Älterwerdens werden könnte, dass alle, die nicht ganz so kraftvoll-spritzig sein oder werden wollen, sich jetzt schon als Loser fühlen, sich (noch weiter) zurückziehen, verstummen könnten. Das wäre traurig. Und ist auch ganz gewiss nicht das, was Greta Silver mit ihrem Buch und ihren Videos bewirken will … Sie sieht alles, worüber sie schreibt und spricht, durchaus differenziert. Aus dem Buch: „Ich bin mir sehr bewusst darüber, dass ich keine flache Scheibe Mensch bin, ich setze mich aus vielen kleinen und größeren Teilen zusammen, die im Lauf der Zeit zu der Perönlichkeit gewachsen sind, die ich heute verkörpere. In zwei, drei Jahren wird diese Persönlichkeit wieder anders aussehen, und das beruhigt mich.“ Und ist durchaus selbstkritisch. Zu der  – für sie sehr wichtigen – Feststellung, dass jede Sache, jedes Erleben zwei Seiten hat, schreibt sie: „Besonders meine Kinder fanden es nicht so toll, wenn ich ihren Kummer zu schnell auf die andere Seite lenken wollte. Denn natürlich stehen an erster Stelle das Leid, der Ärger, die Wut über etwas, das anders hätte laufen sollen. Diese Gefühle sollten wir nicht verdrängen, sondern durchaus wahrnehmen. Danach kommt es aber darauf an, ob wir darin verharren oder die Medaille umdrehen.“ Alles wahr, alles sehr klug. Nur: Was, wenn ich mir endlich mal Zeit nehmen möchte für die dunkle Seite der Medaille? Bin ich dann – gerade als älterer Mensch – ein Versager, jemand, der es nicht – immer noch nicht! – schafft, sein Glück zu machen?

Nein: Es muss nicht immer Brausepulver sein!

Da sie im Moment so ungeheuer präsent ist (gesammelt in ihrem Blog hier), sehe ich diese Gefahr leider schon. Darum wäre mein Credo: Es muss nicht immer Brausepulver sein! Es darf auch mal Kaugummi, eine Currywurst oder  heiße Schokolade sein. Hauptsache, wir Älteren trauen uns, so deutlich zu erzählen wie Greta: Wie geht das, die Sache mit dem Älterwerden? Wie fühlt es sich an, wie entwickelt es sich, wie schmeckt es? Und dann sollten wir alle lauthals davon singen. Von mir aus auch gern mit vollem Mund. Oder darüber bloggen, youtuben, Bücher schreiben. Bunt und vielfältig. So gesehen, ist Greta Silver dann doch wieder ein wunderbares Vorbild. Sie signalisiert: Alles ist möglich. Auch und gerade, wenn wir älter werden/sind. Weil wir dann wirklich was zu erzählen haben. Weil wir uns darauf freuen können. Und all das vermittelt Greta mit ihrem Buch ebenso wie mit ihren Videos – darum: angucken, lesen! Aber bitte nie vergessen: Sie ist nur eine von ganz vielen … Die Babyboomer kommen ja erst noch …

Und übrigens: Die Buntheit, die ich mir so wünsche, die gibt es ja schon, Und sie wird sehr deutlich auf der Plattform der Blogs50plus … Zu den fast 300 dort versammelten Bloggerinnen und Bloggern gehört von Anfang an auch Karin Austmeyer. Ihr hat Greta Silver ein Interview gegeben … hier lang!

 

Text:
Maria Al-Mana,
die sich vor allem als Texthandwerkerin ganz gut mit Büchern auskennt

 

 

In eigener Sache

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Die Trilogie des Eigensinns besteht bislang aus zwei Büchern – die sich ohne Probleme auch wunderbar getrennt voneinander lesen lassen. Macht durchaus Sinn, denn sie bilden zwar eine „Familie“, haben aber unterschiedliche Schwerpunkte. In „Mein Kompass ist der Eigensinn“ geht es darum, wie wir Eigensinn erkennen, ihn für uns entwickeln können. Aber auch darum, wo er seine Grundlagen hat, welche Vorbilder ich gefunden habe – und wie er uns helfen kann. Als Kompass zum Beispiel. Oder beim Schreiben von (eigenen) Büchern.
In „Wer schreibt, darf eigensinnig sein“ steht eigentlich schon alles Wichtige im Titel: Es geht um die praktische Realisierung des Schreibens mit Eigensinn, um Kreativität, aber auch um Selfpublishing. Da gibt es jede Menge Praxistipps, Übungen und Beispiele. Aber auch die Spiellust – meiner Ansicht nach ein wichtiges Schreib-Instrument – kommt nicht zu kurz. Zum Beispiel mit dem Selbsttest „Welcher Schreibtyp bin ich eigentlich?“ Der zieht sich – augenzwinkernd bis ernst – durch das ganze Buch.
Beide Bücher auf einen Blick – und auch zum Bestellen – im Shop der Autorenwelt hier. Aber natürlich auch überall sonst, wo es Bücher gibt.

Ich freue mich, wenn ihr diesen Beitrag in die Welt tragt ... danke!

8 Gedanken zu „Mindestens fünf Kilo Brausepulver … Oder: Greta Silver

  1. Pingback: Greta Silver: Youtube-Star mit 70 | PTA-Forum - EgoMini
  2. Liebe Maria, tolle Rezension und Du sprichst mir aus der Seele.
    Ich mag Greta, sie ist so herrlich voller Kraft. Jeder Mensch ist anders und jeder möchte das Älterwerden anders erleben. Mein Leben war immer Vollgas, mit Höhen und noch viel mehr Tiefen. Ich möchte noch einiges erleben, aber in Ruhe und entspannt. Greta will Mut machen, das in Angriff zu nehmen, was wir gerne noch machen möchten, denn sonst tut es ja keiner. Dabei ist der Umfang und das Tempo Sache einer jeden Einzelnen von uns.
    Liebe Grüße
    Karin

  3. Liebe Maria,

    das Buch von Greta Silver habe ich zwar nicht gelesen, aber einige Zeit den YouTube-Kanal abonniert. Und ganz ehrlich: Das war mir too much. Es ist eben nicht immer nur Brausepulver. Dabei finde ich sie durchaus sympathisch.

    Bunt geht auch „normal“. Ich hoffe, Du weißt, was ich meine.

    Liebe Grüße Sabine

  4. Liebe Maria,

    ein schöner aber auch kritischer Text. Ich mag Greta Silver auch sehr gerne, habe sie in Interwievs gesehen und finde sie sehr sympatisch. Ich kenne ihr Buch nicht, aber ich glaube auch, dass man aus Büchern sowieso nicht alles 1:1 übernehmen kann. Vielleicht pickt man sich nur das raus, wo man meint, das könnte es sein, das könnte passen. Sicher hat man eine gewisse Erwartungshaltung, wenn man sich für ein Buch entscheidet und das Leben ist nun mal nicht immer eitel Freude und Sonnenschein. Da geht man dann durch und zieht seine Lehren daraus.
    Ich bin am 1.7. in Rente gegangen. Ich mag das Wort Rentnerin nicht und Ruheständlerin schon gar nicht. Ich will noch keine Ruhe. Für mich hat sich eine Tür geschlossen, aber ich weiß, es werden noch ganz viele andere Türen aufgehen und ich bin gespannt und freu mich drauf. Ich muss natürlich auch etwas dafür tun. Es wird niemand kommen und mich an die Hand nehmen und mir alle Türen aufmachen. Ich muss zugeben, es ist aber auch ein wenig Skepsis und ein gewisses Kribbeln dabei. Das gehört dazu. Ich mache mich also auf den Weg.

    Liebe Grüße
    Gudrun

    1. Liebe Gudrun,

      ich bin sehr gespannt, durch welche Säle und auf welche Wege dich deine Türen führen werden .. Halte uns auf dem Laufenden, ja? Und möge es immer ein bisschen kribbeln 😉

      Herzlichen Gruß
      Maria

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