Wenn ein ehemaliger EDV-Leiter des Max-Planck-Instituts weiterhin Schockwellen reitet
Und weiter geht meine ganz private Tour durch die Angebote auf unserer Plattform Blogs50plus … Heute bleibt mein Blick am Schockwellenreiter – die ganz alltägliche Ration Wahnsinn kleben. Nur als Ergänzung: Ich hatte vor Jahren mal den Ehrgeiz, alle Blogs auf dieser von mir mitgegründeten (und heute hauptsächlich von der wunderbaren Uschi Ronnenberg betriebenen) Plattform ganz systematisch zu besuchen, mit all den Menschen „hinter den Blog“ ein Interview zu führen … Doch das klappt aus verschiedenen Gründen einfach nicht. Darum habe ich das mittlerweile aufgegeben und springe lieber zwischen den Angeboten hin und her. Macht viel mehr Spaß, kann ich wirklich empfehlen.
Beispielsweise mit der alphabetischen Suche. Oder über die Live-Suche: Da erscheint alles, was kürzlich online gestellt wurde. Die Ergebnisse meiner Besuche – systematisch oder nicht – könnt ihr aber immer noch gebündelt ansehen, unter Impressionen Blogs50plus. Genau das sind sie nämlich immer: Impressionen, flüchtig und subjektiv, oft auch nach einem Jahr schon nicht mehr aktuell – etwa, weil der Blog einer gründlichen Überarbeitung unterzogen wurde.
Doch zurück zum Schockwellenreiter:
Annäherung grafisch
Der Name hat mich neugierig gemacht .. Wer oder was ist das denn? Aus der Selbstbeschreibung: „digitales Kritzelheft von Jörg Kantel (Neuköllner, EDV-Leiter Rentner, Autor, Netzaktivist und Hundesportler — Reihenfolge rein zufällig).“ Okay. Und um was geht es? Ähhmmm, langsam bitte!
Da sind nämlich zuerst mal eine Menge visueller Eindrücke. Die mich magisch anziehen. Obwohl ich keineswegs sicher bin, ob ich die Inhalte verstehen werde. Da ist erst mal die Tatsache, dass hier jeden Monat die Illustrationen wechseln – immer stammen sie von jemand anderem. Im Juni etwa von meiner grafischen Jugendliebe Aubray Beardsley. Und im Mai war es einer meiner Allzeit-Grafiklieben, J.J. Grandville (1803-1847), Lithograph, Maler, Zeichner und vor allem politischer Karikaturist, der gern auch mal Mischwesen aus Teilen von Menschen, Tieren und Gewächsen zeichnete. Ein echter Grenzgänger also. Hat das was zu bedeuten? Naja, auszuschließen ist es wohl nicht. Schockwellenreiter Jörg Kantels berufliche Karriere in voller Länge steht bei cognitiones.kantel-chaos-team. Und liest sich so: „Speditionskaufmann, Gitarrist, Schüler (Zweiter Bildungsweg), Student (Mathematik, Philosophie, Informatik), Programmierer, Kabarettist, Systembetreuer, Systemanalytiker, Unternehmensberater, EDV-Leiter, Dozent für EDV (Kids und Erwachsene). Seit Mai 1994 ist er EDV-Leiter am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte und war von 2006 bis 2009 Lehrbeauftragter für Multimedia im Fachbereich »Angewandte Informatik« an der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft (FHTW) Berlin.“
Wer übrigens die Idee gut findet, Blogbeiträge auf ähnliche Weise zu illustrieren, dem stellt er gleich eine ganze Liste von Zeichnerinnen und Illustratoren zur Verfügung, deren Werke „gemeinfrei“ sind – bedeutet: länger als 70 Jahre tot. Dann greift das Copyright nicht mehr, die Arbeiten dürfen frei verwendet werden.
Daneben bietet der Schockwellenreiter Fundstücke im wahrsten Sinn des Wortes: alte Sofas auf Straßen, leere Lastkähne … eigene Fotos zur Illustration. Die sind so simpel, wirklich „alltäglich“ – und dann doch auch wieder nicht, dass sie mir Orientierung bieten. Obwohl ich – Nicht-It-Nerd – immer noch nicht weiß, wie das mit den Inhalten ist.
Und immer wieder hopst mir ein niedlicher, weißer Spitz vor Augen: „Schau Mama, ein Hundebild!“, heißt es dann. Denn: „aus langer Tradition gehört freitags ein Hundebild in den Schockwellenreiter.“
Am rechten Rand des Blogs pappt der eindeutige Aufkleber: „Heidenspaß statt Höllenqual – religionsfreie Zone“. Klare Ansage, danke dafür!
Annäherung inhaltlich
Ich sags mal lieber gleich: Kein Mensch wird diesem Blog wohl je vorwerfen können, inhaltsleer zu sein … Da genügt schon ein kurzer Blick in die Rubrik Essays. Absolut beeindruckend. Beeindruckend viel. Nun sitze ich da selbst schon halb im Glashaus, kenne den Vorwurf: „Wer soll das denn ALLES lesen?“ zur Genüge. Aber ehrlich: Jörg Kantel schlägt mich da um Längen! Ich bin beeindruckt.
Was ich wunderbar finde: Der Mann hat auch noch ein eigenes Wiki kreiert, das er ohne Wenn und Aber zur öffentlichen Nutzung freigibt: „Dieses Wiki (Cognitiones Publicae) ist mein persönliches, aber öffentliches Notizbuch, in dem ich all das Material sammle, das ich für geplante Veröffentlichungen – egal ob on- oder offline – mal gebrauchen könnte.“
Da passt es perfekt, dass ich (nach einiger Suche …) auch endlich den Ursprung des Blognamens gefunden habe: Der Schockwellenreiter war 1975 Titel eines dystopischen Romans von John Brunner. Das Zitat, das den Ausschlag gab, war wohl: „Wir sind eine zivilisierte Spezies. Deshalb soll künftig niemand einen unrechtmäßigen Vorteil aufgrund der Tatsache erlangen, daß wir gemeinsam mehr wissen als einer von uns wissen kann.“ Oder anders herum: Wer sein Wissen teilt, verhält sich zivilisiert. Und genau das tut Jörg Kantel. Nachzulesen in „21 Jahre Schockwellen reiten – endlich erwachsen!“
Es gibt Serien – und die zeigen schon, wie groß das inhaltliche Spektrum ist. Da wären zum Beispiel die „Frauen am Kontrabaß“. Von ihnen soll es wohl bald wieder mehr geben. Oder eben die Hundebilder. Die sind absolut keine Dekoration, sondern es geht um eine Vorbereitung zur Begleithundeprüfung. Immer seltener scheinen seine inhaltlichen „Ausflüge in die Politik“ zu werden. Verstehe ich …
Und natürlich geht es immer wieder um Software, Updates und/oder Sicherheitslücken, neue Spiele, deren Gestaltung und Programmierung. Eigentlich ist es ganz simpel: Seit mittlerweile 21 Jahre bloggt Kantel, nach seinen eigenen Worten so: Mit einer „Mischung aus Programmierprojekten und technischen Informationen – also alles, was das (Python-) Nerd-Herz beglückt – mit gelegentlichen Rants und anderen Ausflügen in die Politik“.
Ein Gedanke zu „Wenn ein ehemaliger EDV-Leiter des Max-Planck-Instituts weiterhin Schockwellen reitet“
Seit der Mann Katholiken als Kinderfickersekte bezeichnet hat und das vor Gericht Bestand hatte, ist er für mich Geschichte. Früher habe ich dort gern gelesen.