Buchempfehlung: gemeinschaftliche Wohnprojekte. Wohnen im Alter & viel mehr

Buchempfehlung: gemeinschaftliche Wohnprojekte. Wohnen im Alter & viel mehr

„Ab ins Wohnprojekt!“ So heißt das neue Buch von Lisa Frohn. Vor einigen Jahren hat sie sich noch mit dem Prozess des Älterwerdens beschäftigt: „#Ran ans Alter“ war da der Buchtitel. Die Autorin mit den Ausrufezeichen im Titel macht damit von Anfang an unmissverständlich klar, worum es ihr vor allem geht: um das Handeln, Aktiv-Werden, um Engagement. Allerdings ganz sicher nicht durch blinden Aktionismus, ganz im Gegenteil: Damit „Wohnträume Wirklichkeit werden“ können (so der Untertitel des jüngsten Buches) sind viel Zeit, Information und Lernbereitschaft nötig. Und die Realisierung funktionierender Wohnprojekte ist immer ein Prozess – der eigentlich nie abgeschlossen sein kann, sein sollte. Und damit bilden diese Projekte schon ein starkes Gegengewicht zu so vielem, was wir derzeit erleben – wo es viel zu oft darum geht, sich mit etwas abzufinden, sich an scheinbar Unvermeidliches anzupassen. Genau dazu ist die „Bewegung“ der Wohnprojekt-Entwicklung ein starkes Gegenbild:
  • niemand muss sich mit mit irgendwas abfinden
  • nichts ist unumkehrbar, auch die „Ghettoisierung“ vieler Wohnsituationen – vor allem in den Städten – nicht
  • Ich KANN Partizipation, Teilhabe und Gemeinschaft entwickeln, gemeinsam mit anderen Menschen neue Wohnformen ins Leben rufen. Allerdings: Wer das will, muss sich auch immer wieder aufs Neue dafür einsetzen, Erreichtes prüfen und gegebenenfalls ändern.
Die Entwicklung von gemeinschaftlichen Wohnprojekten ist ein komplexer, so gut wie nie abgeschlossener Prozess. Egal, ob es sich um die – recht beliebten – Mehrgenerationenprojekte handelt oder um thematisch zentrierte Projekte, etwa mit ökologischem, kulturellem oder sozialem Schwerpunkt.

„Von unten her“

Lisa Frohn unterscheidet bei der Realisierung von Wohnprojekten grundsätzlich zwischen der „Top-down-Methode“ (meist von Investoren oder sozialen Institutionen ins Leben gerufen – und in aller Regel „nicht besonders erfolgreich“). Und „Bottom-up-Projekten“ – die „von unten“ her entstehen. Um die geht es in diesem Buch vor allem. Um sie zu finden, um Stimmungsbilder, persönliche Eindrücke und „echte“ Einschätzungen der dabei handelnden Menschen zu bekommen, ist sie quer durch Deutschland gefahren, hat die „Protagonisten“ dieser Wohnprojekte ausführlich interviewt. Und dann aus diesen O-Tönen ein sehr klug aufgebautes Buch konzipiert.

Wie geht das – ganz konkret?

Beim Lesen beschlich mich manchmal der Eindruck: Fast sofort, wenn eine Frage geklärt scheint, entstehen bei solchen Projekten mehrere neue … Es ist sicher gut, wenn ich meinem „Wohntraum“ folge – damit habe ich zumindest grobe Fixpunkte: Wo will ich hin? Das ist hilfreich, denn  in der Realisierung kann das alles ganz schön anspruchsvoll werden. Ein Beispiel: Wenn ich weiß, was mein Antrieb, meine Idee, mein Traum ist, muss ich mich fragen: Welche Rechtsform soll unser Projekt haben? Wenn wir beispielsweise Gemeinnützigkeit anstreben – wie geht das? Solche Fragen werden äußerst anschaulich und mit ganz praktischen Beispielen in den Interviews beleuchtet.

Die „Bewegung“ sichtbar machen

Ihre eigene Motivation zum Schreiben dieses Buches benennt Lisa Frohn ganz klar: Nachdem sie erkannt hatte, dass die Bewegung der „anderen“ Wohnprojekte eine gesellschaftliche Kraft ist, die bisher weitgehend „unter dem Radar“ ablief, ohne dass die meisten Protagonisten dieser Bewegung voneinander wussten oder gar von den Erfahrungen anderer profitieren konnten, stand für sie fest, dass nur ein Buch diese Lücke füllen kann: Das „Buch über die Bewegung der gemeinschaftlichen Wohnprojekte muss geschrieben werden! Und wenn es sonst keiner macht, dann mache ich es eben selbst!“
Es geht ihr darum, das „sichtbar“ zu machen, was alles schon geleistet wurde. Es ist ihr aber auch sehr wichtig, Menschen zu inspirieren und zu ermutigen, „sich zusammenzutun und loszulegen.“ Bis zu 5.000 solcher Wohnprojekte soll es in Deutschland bereits geben. Und es werden immer mehr – der Bedarf ist definitiv da! Trotz dieser hohen Zahl hat Lisa Frohn völlig recht: Vieles davon ist noch lang nicht im Bewusstsein aller Menschen angekommen, läuft noch immer „unter dem Radar“. Vor allem natürlich bei Finanzentscheidern von Banken oder Wohnbaugesellschaften, Städten und Kommunen. Und das ist äußerst schade, denn unterm Strich steckt sehr viel Potenzial in diesen „Wohnträumen“: zur besseren Gestaltung unserer Städte, zur Attraktivitätssteigerung des Wohnens in „Randgebieten“ und natürlich für ein besseres, sozialeres Miteinander. Von alledem erzählen Lisa Frohns Interviewpartner. Und das sind kostbare Erfahrungen, Erfahrungen aus erster Hand. Sie machen Mut, zeigen Problembereiche deutlich auf, sind ehrlich – und benennen auch Fehler, Schwachpunkte, stockende Entwicklungen.
Unter anderem dafür sollten wir alle Lisa Frohn äußerst dankbar sein: Mehr als zehn Jahre lang hat sie geduldig gesucht, zugehört, nachgefragt. So wurde sie zur Chronistin einer Kultur des „anderen“ Wohnens zu Beginn des 21. Jahrhunderts.

Viele, sehr unterschiedliche Themen

Wer jemals über diesen „Traum von einem anderen Wohnen“ nachgedacht hat, findet in diesem Buch Anregungen, Warnungen, unterschiedliche Denk- und Realisierungsansätze. Womit es meist beginnt, bringt Lisa Hunger, die sich hauptberuflich um Projektentwicklung und Projektsteuerung kümmert, klar auf den Punkt:  „Ich mache öfter Grundlagenworkshops […] Schwerpunkte sind häufig die interne Konzeptentwicklung, Finanzierungsbausteine und geeignete Trägerformen.“ So beginnt es – und da ist von Traum, Lieblings-Mitbewohnern oder inhaltlicher Ausrichtung noch lange nicht die Rede!
Das ist eine weitere Botschaft dieses Buches: Wer gemeinschaftliche Wohnträume realisieren möchte, sollte damit rechnen, sich in ziemlich viele, sehr unterschiedliche Themenbereiche einarbeiten zu müssen. Das braucht Zeit. Und natürlich vor allem Geld. Lisa Hunger ist  da optimistisch: „Ich würde mal sagen: Geld kann man auftreiben. Man kann vieles möglich machen.“ Und sie berichtet, dass sie auch schon Projekte realisiert habe, die von Menschen getragen wurden, „die überhaupt keine Mittel hatten.“ So beginnt ein Wohnprojekt.
Geht es dann um die Feinheiten, wird die Sache noch diffiziler – da kommen Gruppen- und Kommunikationsprozesse ins Spiel, die nicht alle Beteiligten sofort gut beherrschen. Ein klassisches Beispiel: Am Anfang steht ein Traum wie „wir wollen anders leben, wir möchten nicht in einem Wohnsilo verkommen, wo vielleicht Leute nebenan krank werden oder sterben und wir kriegen das nicht mit. Wir wollten anders miteinander leben, aber wie genau das gehen könnte, das wusste niemand.“ Das hat Heide Wroblewski aus Karlsruhe gesagt – die inzwischen in einem sehr erfolgreichen Wohnprojekt lebt, das aus sieben neu gebauten Häusern besteht.

Wer entscheidet?

Ob so ein Projekt ein Erfolg wird oder nicht, beschreibt Lisa Frohn aufgrund ihrer vielfältigen Erfahrung in einer Frage selbst: Dass sie die Erkenntnis gewonnen habe, dass das „Gelingen oder Scheitern von Wohnprojektgruppen stark davon abhänge, welche Kompetenzen in der Gruppe vorhanden sind.“ Das führt direkt zur nächsten, keineswegs unwichtigen Frage: Wer soll in eine Gruppe aufgenommen werden, wer nicht – und wie begründet man das fair? Auch dafür gibt es viele praktische Beispiele – von der Warteliste über Patensysteme bis zu „Bewährungszeiten“. Und am Ende bleibt doch immer die Frage: Wer entscheidet? Ein Vorstand, die ganze Gruppe? Und nach welchen Kriterien?

Ein Thema: Wohnen im Alter

Karin Nell arbeitet hauptberuflich in der Erwachsenenbildung arbeitet und hat neben anderen gemeinsam mit Lisa Frohn die „Wohnschule Köln“ gegründet. Im Gespräch mit ihr stellt die Autorin mit Blick auf das Wohnen im Alter fest: „Auf bestimmte Dinge, die uns im Alter widerfahren können, blicken wir nur ungern. Da gibt es viel Abwehr und auch Widersprüchliches in einem selbst.“ Darum macht es sehr viel Sinn, solche Themen schon in Workshops rechtzeitig anzusprechen … und dann – so Karin Nell – „kommt immer der Punkt, an dem den Teilnehmenden klar wird, dass das, was unsere Gesellschaft an Wohnformen für ältere Menschen bereithält, nicht ausreicht, oder nicht ihren Wünschen entspricht.“ Wohlgemerkt: Das Thema Wohnen im Alter ist nur einer von sehr vielen Aspekten dieses vielschichtigen Buchs.
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Ganz klar: eine starke gesellschaftliche Kraft!

Dass das Thema „gemeinschaftliche Wohnprojekte“ wirklich gesellschaftlich virulent ist und nicht länger übersehen werden sollte, wird eigentlich in allen Interviews klar – darauf kommt Lisa Frohn immer wieder zurück, etwa in dem Interview mit Kathleen Battke und Thoams Bebiolka aus Köln, wenn sie feststellt:
„Gemeinschaftliche Wohnprojekte sind eine Bewegung, die sich selbst aber noch nicht als Bewegung erkannt hat. Sie könnte durchaus Kraft entwickeln, auch politisch gesehen, aber dazu müssten sich die Aktiven zusammentun.“
Sehe ich genauso! Und dazu legt dieses Buch jetzt einen ersten, wichtigen Grundstein. Also wünsche ich dem Buch eine große Leserschaft aus dieser „aktiven Bewegung“, aber auch von Seiten der Finanzentscheider – denn die gemeinschaftlichen Wohnprojekte nehmen deutlich an Fahrt auf! Nicht zuletzt lege ich dieses Buch allen ans Herz, die – noch irgendwie unklar – mit dem Gedanken an „andere Wohnformen“ liebäugeln. Über das Buch werden Anlaufstellen und Namen genannt, erste Recherchen könnten beginnen, Netze geknüpft und/oder ausgebaut werden … Es ist eine große Chance!

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Das Buch kann hier bestellt werden. Und daher stammt auch das Foto in diesem Beitrag.

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Die Trilogie des Eigensinns besteht bislang aus zwei Büchern – die sich ohne Probleme auch wunderbar getrennt voneinander lesen lassen. Macht durchaus Sinn, denn sie bilden zwar eine „Familie“, haben aber unterschiedliche Schwerpunkte. In „Mein Kompass ist der Eigensinn“ geht es darum, wie wir Eigensinn erkennen, ihn für uns entwickeln können. Aber auch darum, wo er seine Grundlagen hat, welche Vorbilder ich gefunden habe – und wie er uns helfen kann. Als Kompass zum Beispiel. Oder beim Schreiben von (eigenen) Büchern.
In „Wer schreibt, darf eigensinnig sein“ steht eigentlich schon alles Wichtige im Titel: Es geht um die praktische Realisierung des Schreibens mit Eigensinn, um Kreativität, aber auch um Selfpublishing. Da gibt es jede Menge Praxistipps, Übungen und Beispiele. Aber auch die Spiellust – meiner Ansicht nach ein wichtiges Schreib-Instrument – kommt nicht zu kurz. Zum Beispiel mit dem Selbsttest „Welcher Schreibtyp bin ich eigentlich?“ Der zieht sich – augenzwinkernd bis ernst – durch das ganze Buch.
Beide Bücher auf einen Blick – und auch zum Bestellen – im Shop der Autorenwelt hier. Aber natürlich auch überall sonst, wo es Bücher gibt.


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