Das Älterwerden und die Zeit. Oder: Wir müssen reden!
Immer öfter holen mich Gedanken ein wie: „Ich kann mir keine Fehlentscheidungen (mehr) leisten!“ Oder: „Wenn ich das jetzt auch noch in den Sand setze, hab ich gar keine Chance mehr, beruflich endlich wieder Fuß zu fassen …“ Natürlich weiß ich, dass das völliger Blödsinn ist. Natürlich weiß ich, dass man auch mit 60 beruflich noch mal ganz neu starten kann – ich kenne sogar Menschen, die das tun oder getan haben. Aber wie oft haben mir andererseits Menschen etwa beim Start dieses Blogs gesagt: „Jetzt hör doch endlich mal damit auf, alles nur durch die Brille des Älterwerdens zu sehen! Es macht doch gar keinen Unterschied, wie alt du bist, wenn du dich beruflich verändern willst! Ist alles nur eine Sache der eigenen Perspektive!“ Ja. Und nein.
„Je älter ich bin, desto weniger Zeit bleibt mir“ – klar, oder?
Ich hör auch schon die Psychologen und Coaches unter euch sagen: „Du darfst nicht denken, dass du je was ‚in den Sand gesetzt‘ hast – schließlich lernt man aus jedem Scheitern!“ Ja, ja. Alles wahr. Mindestens genauso wahr ist aber auch, dass du ganz einfach weißt: „Je älter ich bin, desto weniger Zeit bleibt mir.“ Ist nun mal eine Tatsache. Und zwar eine, die ich früher problemlos ignorieren konnte, die mich manchmal sogar faszinierte … Zum Beispiel hab ich es als 17-Jährige geliebt, über Friedhöfe zu schlendern, scheinbar romantischen Gedanken nachzuhängen … Heute: Nein danke! Bitte keinen Friedhof. Nur, wenn es unbedingt sein muss. (Und dann ist das in aller Regel äußerst schmerzhaft.) Die Endlichkeit hat absolut nichts Romantisches mehr für mich!
Beruflicher Neustart 50plus
Ich bin ein großer Fan von dem Gedanken, dass man wunderbar mit 50plus noch mal ganz von vorn beruflich loslegen kann und darf. Dass es manchmal sogar grandios ist, das zu tun – vor allem, wenn er oder sie das aus völlig freien Stücken tut. Wir können die Weichen neu stellen, wir wissen endlich relativ sicher, was wir wollen – und was nicht. Das alles ist großartig. Und weil wir gelernt haben, mit solchen Wünschen umzugehen, können wir sie (vermutlich) auch viel besser umsetzen als früher. Das ist die positive Seite der Medaille. Die negative aber ist: Es gibt Bedenken, Hemmnisse und Hürden, die waren vorher einfach noch nicht da. Ich jedenfalls muss mir sowas immer erst mal buchstabieren, bis ich es verstehe. Und dann hilft oft der Abgleich mit anderen. Nur: Wo sind diese anderen?
Aber, bitte: Lasst uns nicht verschweigen, dass auch der Gedanke an die Endlichkeit unserer Zeit eine Rolle spielt, wenn wir plötzlich unsicher werden, ob wir das mit dem beruflichen Neustart auch wirklich noch (mal) hinkriegen, hinkriegen können. Bei mir ist das so. Und ich vermute, bei manchen von euch auch … Lasst uns also bitte endlich mal drüber reden, ja?
Welche Rolle spielt so ein Gedanke für euch: „Als meine Mutter 69 war, war sie schon ein Pflegefall – wer weiß, wie lange ich noch beruflich so durchhalten kann wie jetzt?“ Oder: Wenn ihr (berufliche) Zukunfts-Pläne macht, macht ihr sie dann wirklich ohne jeden zeitlichen Vorbehalt – so wie ich das früher immer getan habe? Es wäre mir im Traum nicht eingefallen zu sagen/zu denken: „Aber wenn ich in XX Jahren nicht YY erreicht habe, dann war es das. Dann wird das nichts mehr, dann stoppe ich die Sache, bevor ich anfange, mit dieser Entscheidung zu hadern?“ Ja, auch hier weiß ich: Egal, welche Entscheidung ich treffe, es ist immer try and error. Nie gibt es eine „Garantie“ auf Gelingen. Und außerdem kann mir auch mit 24 der Himmel morgen auf den Kopf fallen … Weiß ich alles.
Ziel: wieder mehr Leichtigkeit
Und doch, und doch, und doch … Es ist was anderes, mit 55 noch mal beruflich neu starten zu wollen als mit 35. Wenn es nicht die ganz persönlich-emotionalen Unsicherheiten sind, die mir dabei im Weg stehen, sind es vielleicht eher rationale Dinge wie Sorgen um die Entwicklung meiner Gesundheit oder Mobilität. Oder, oder. Mir zumindest geht es so, dass eine gewisse Leichtigkeit, vielleicht auch Sorglosigkeit verloren gegangen sind. Grade das gehört übrigens zu meinen Traum-Zielen: Die wieder zu erlangen … Doch noch ist es nicht so weit. Und bis dahin mache ich mir an vielen Stellen viel mehr Sorgen als vermutlich nötig: „Kann ich das – NOCH?“ Wird meine Zeit reichen, das durchzuhalten/aufzubauen …. Fragezeichen, Fragezeichen …
Bitte! Lasst uns drüber reden!
Oder: Dass jeder Mensch immer mal Fehler macht, war für mich bis vor kurzem noch absolut selbstverständlich. Jetzt aber ertappe ich mich häufiger bei Gedanken wie: „Das darf mir aber nicht mehr passieren! Das kann ich mir nicht mehr leisten!“ Jetzt bitte nicht sagen: „Die setzt sich aber schrecklich selbst unter Druck mit solchen Gedanken!“ Weiß ich selber. Und ich hoffe, das legt sich irgendwann auch wieder. Schließlich bin ich mir des Problems recht deutlich bewusst .. Aber ich denke auch: Es würde helfen, wenn wir mal drüber reden würden! Wenn wir mal sagen: Ja, das ist so. Ja, unsere Zeit wird zählbar weniger. Dann komme ich eher zu dem Punkt, an dem ich denken kann: Okay, nicht schlimm. Das geht uns allen so. Was ich nicht ändern kann, versuche ich sowieso schon seit einer Weile einfach am Wegrand liegen zu lassen …
Vermutlich geht es hier ganz schlicht um die Frage nach Vorbildern. Wo sind die Vorbilder, die mit über 50 noch mal die Kurve gekriegt haben? Und wie viel Angst vor zu wenig Zeit hatten die dabei? Wenn wir es schaffen könnten, das ziemlich breit zu thematisieren, dann lassen sicher auch meine Befürchtungen ganz schnell nach. Doch, ja: So viel Zeit bleibt mir mit Sicherheit noch! Nur: Können wir bitte bald damit beginnen?!
12 Gedanken zu „Das Älterwerden und die Zeit. Oder: Wir müssen reden!“
Hallo Maria,
dass dich der Gedanke an die Endlichkeit so sehr mitnimmt, dass du sogar Friedhöfe meidest, spricht dafür, dass es ziemlich ernst ist mit deinen Bedenken. Für mich waren und sind Friedhöfe geliebte Naherholungsgebiete – ich denke dort allenfalls über die Grabsteinkultur nach und interessiere mich für die Pflanzen, die da wachsen. Mein eigenes Alter spielt dabei keine Rolle, auch mit 64 nicht.
Wohl aber bewegt mich das gelegentlich im Garten. Wenn etwa mein (deutlich jüngerer ) Liebster meint, erstmal müsse da der Boden noch 1 Jahr so oder so bearbeitet werden, um dann im Folgejahr die geplanten Büsche zu pflanzen – dann denke ich schon mal: Hey, ich will die Beeren aber in diesem Leben auch noch essen! 🙂
Du sprichst vom beruflichen Neustart: Ist es nicht so, dass du schon seit ein paar Jahren neu gestartet bist? Zumindest entnahm ich das deinen Postings. Und wenn ich deine Seite als „Kommunikationsfachfrau“ anschaue, könnte ich eigentlich vor Neid erblassen angesichts deines Angebotsspektrums und der gekonnten Art, dich darzustellen! 🙂
Ich bin seit 1997 selbstständig, einfach so reingewachsen mit Web-Dienstleistungen, Seiten bauen, texten – das Netz war noch jung und es gab viele, die mich einfach anfragten: Könntest du nicht auch für mich… Mit 50 gründete ich eine Online-Plattform fürs kreative Schreiben (selbst entworfen) und gab da 3 Jahre lang themenzentrierte Kurse. Es machte viel Freude, war aber ein Selbstausbeuterjob und nachdem ich alle mich interessierenden Themen ein paar mal mit Gruppen bearbeitet hatte, machte ich Schluss damit. Dass es meinen Weihnachtskurs „für Jahresendzeitmuffel“ nicht mehr gab, haben tatsächlich einige Menschen bedauert! 🙂
Seitdem baue ich noch ganz gelegentlich Blogs für ältere Menschen, bzw. betreue ein paar wenige Kundinnen, doch im wesentlichen lebe ich von der „Content-Erstellung“ für zwei Unternehmen (und ein bisschen Kleinkram nebenbei). Bricht nur einer dieser Aufträge weg, wäre ich schnell beim Hartz4-Niveau oder darunter und hätte höchstens 3 Monate Zeit, um die Dinge zu ändern, bevor ich den Antrag stellen müsste.
Das schreckt mich allerdings nicht, weil es noch nie anders war (sic!). Ich werde nie eine Rente erhalten, die auch nur meine Miete bezahlt – und doch mache ich mir keine Sorgen. Schließlich findet mein Berufsleben vor dem PC statt und ich denke, dass alles, was ich so tue, nicht wirklich ans Alter gebunden ist. Vor Jahren hab ich mal nach Equipment recherchiert, mit dem man auch im Liegen gut arbeiten kann – das wäre mein praktischer Umgang mit körperlicher Hinfälligkeit.
Kurzum: ich denke, deine Bedenken und Ängste kommen nicht so sehr vom realen Alter, sondern daher, dass du ursprünglich aus einem „gesicherten“ Beruf kommst. Deshalb ist dir Unsicherheit so erschreckend – und vielleicht hat es auch etwas mit dem Lebensstandard zu tun, den du meinst, halten zu müssen. (Ich spekuliere nur!).
Wenn ich nach neuen Perspektiven Ausschau halte, sprich: mir überlege, in welchem Sektor mit welchen Herangehensweisen ich demnächst mal wieder anders oder einfach mehr Geld verdienen könnte, dann ist der Zeithorizont dabei unwesentlich bzw. marginal. In Zeiten des Internets kann man doch relativ schnell (=binnen einiger Monate) sehen, ob man mit den eigenen Mitteln das neue Projekt, die neue Zielgruppe, die neue Art Auftrag erfolgreich an die Interessenten bringen kann oder nicht. Es braucht keine physischen Läden und Geschäftsräume mehr, allenfalls neue Webseiten und ganz gelegentlich vielleicht eine Zuarbeit zur Programmierung, wenns was sehr Elaboriertes sein soll. Man hat also nicht viel zu verlieren, ganz anders als früher bei fast jeder Art der Selbständigkeit.
Und was, wenn mal länger gar nichts mehr klappt? Tja, dann beantrage ich halt Hartz4 (bzw. demnächst „Grundsicherung“) und bemühe mich ansonsten weiter wie gehabt – weil das bloße Abhängen sowieso nie mein Ding war und auch nicht werden wird.
Als Jugendliche hab ich Schach gespielt und gelernt, jeglicher Situation mit dem Gedanken „was droht?“ zu begegnen – und mir das im Detail vorzustellen, sowie die eigenen Reaktionen darauf. Das hat sich schnell ins Leben übertragen! So wird diffuse Angst zur konkretisierten Furcht – und wenn man dann akzeptiert „ja, so könnte es werden“ – und sich dann in diese Situation hinein denkt , sie innerlich „bearbeitet“ als wäre sie bereits eingetreten, dann ist man raus aus Angst und Furcht und eigentlich schon wieder beim gewohnt kreativen Umgang mit Situationen. (Klar täte es weh, auf die eine oder andere Bequemlichkeit oder manch „kleinen Luxus“ zu verzichten, aber hey, die Welt geht davon nicht unter!)
Meine Gelassenheit gegenüber drohender Armut liegt sicher auch zum Teil an Vorbildern. Ein lieber alter Freund lebt seit Jahren sehr bescheiden von Grundsicherung und ist ein glücklicher Mensch – und immer schon hatte ich Freunde und Bekannte, die so gar nicht dem Klischee des verzweifelten Arbeislosen entsprachen. Das heißt nicht, dass ich nicht mit allen mir möglichen Mitteln vermeiden wollen würde, mich in dieses Antragswesen reinzufinden – aber wirklich Angst habe ich davor nicht die Bohne!
Ich walze dieses Thema nur so aus, um dir meinen Ansatz zum Umgang mit „was droht?“ nahe zu bringen! 🙂
Um nun nicht zu unglaubhaft positiv rüber zu kommen: Ja, um meine Gesundheit mache ich mir auch gelegentlich Sorgen, was wiederum zu konkreten Bemühungen führt (Ernährung. Fitness-Center etc.) – aber richtig konsequent bin ich da auch nicht.
Bei meinen Auftragsarbeiten bemerke ich durchaus, dass ich länger brauche als früher – das hat aber auch damit zu tun, dass ich einen hohen Anspruch an die Qualität habe und es mir zudem gönne, zwischenrein immer wieder mal „abgelenkt“ zu sein und „kurz was Anderes“ zu machen. Geht doch, warum also damit hadern?
Auch bin ich nach wie vor voller Ideen, springe aber nicht mehr so leicht in die Umsetzung. Ganz einfach, weil ich „die Mühen der Ebene“ nach der Begeisterung kenne und mir soviel Arbeitsaufwand meist nicht zumuten will. Solange es gut geht, wie es grade geht, muss ich ja nicht, also…
Soweit von mir – sei herzlich gegrüßt!
Liebe Claudia,
ganz herzlichen Dank für diesen ausführlichen Kommentar!
Ja, zwei Dinge teile ich mit dir: Erstens die Erkenntnis, dass manches ein bisschen länger dauert. Für mich inzwischen auch dauern DARF. Zum Beispiel die Sache mit der Selbstständigkeit .. Ich hab mich da ein paarmal „verlaufen“ … Das ist okay, eigentlich völlig normal. Einerseits. Andrerseits kommt genau daher dieses blöde Gefühl: Jetzt musst du’s aber schnell richtig machen … nicht zu lang draufrumdenken, in die falsche Richtung laufen … Früher war mir das eher egal, denn: Neugierig bin und bleibe ich – dafür bin ich dankbar. Und mit dir kann ich mich da sowieso nicht vergleichen: Du bist schon so lange wer im Netz. Ich musste es erst werden.
Das zweite ist: Ich hab irgendwie immer grad so viel verdient, wie ich brauchte. Die 15 Jahre Festanstellung waren eher die Luxus-Ausnahme, nicht die Regel, die ich kenne. Insofern macht mir das keine allzu große Angst. Nur hatte ich dieses falsche Klischee im Hinterkopf: Wer sein Leben lang gearbeitet hat, darf sich irgendwann zurücklehnen … Nicht, dass ich das unbedingt wollte/will. Aber die Familie meines Liebsten kommt zum Beispiel aus dem tiefsten Ruhrpott. Und ich kenne dort einige Menschen, die mit 55 oder noch früher in Rente gingen. Hatte ich für mich nicht erwartet – hab ja auch nicht jahrzehntelang unter Tag gearbeitet. Aber dieser Paradigmenwechsel, der brauchte ein Weilchen, bis er wirklich bei mir ankam. Das könnte ich jetzt natürlich auch umdrehen und sagen: Hey, ich hab ja viel mehr Zeit, als ursprünglich angenommen! Ist durchaus eine Option … Muss ich mal drüber nachdenken. Braucht halt wieder ein bisschen Zeit 😉
Ganz herzliche Grüße
Maria
Liebe Maria,
ich bin jetzt 55 und hatte das Glück, mit 51 noch einen tollen Job zu finden, in dem ich mich nach wie vor wohlfühle und mich freuen würde, wenn das bis zum Rentenantritt zu bleibt. Unser Team besteht aus allen Altersklassen zwischen Anfang 20 bis 60 und es klappt prima.
In Kürze dürfen wir an 4 von 5 Tagen von zu Hause aus arbeiten. Ich finde, ich hab einfach Glück gehabt!
Liebe Grüße
Birgit
Liebe Birgit,
es ist so schön, von positiven Beispielen zu hören! Danke dafür!
Herzlichen Gruß
Maria
liebe Maria, es ist doch wie immer eine Sache des Kopfes und „alt“ ist, wer sich alt fühlt und dementsprechend handelt indem er sich selbst eingeschränkt sieht.
Heutzutage ist es alles andere als einfach ab 50 nochmal völlig von vorn zu beginnen! Die Arbeitsstellen brechen weg, die Jüngeren wollen ran und sich ebenfalls beweisen was ihr gutes Recht ist.
Je nachdem welche Arbeitsstelle man inne hat, wie gesichert diese ist, lässt oft nicht zu diese zu verlassen wenn man nicht vorher weiß ob es möglich ist und man irgendwo anders zugreifen kann. Ich denke da haben sich die Zeiten enorm verändert zu früher..denn heutzutage gilt man doch schon für die Wirtschaft ab 40 alt und damit unproduktiver zu werden, dabei ist Alter nur eine Zahl und sagt nichts über die Fähigkeiten der Menschen aus.
ich denke die Ängste entstehen meist wenn man für sich keine Zukunftsaussichten sieht oder mit dem nicht mehr zufrieden ist, was man im Moment (er)lebt. „arbeiten“ kann man sofern man gesund ist, bis weit über 70 damit ist ü50 überhaupt noch nicht alt“.
es ist immer ein interessantes Thema bei dir mitzuplaudern…
liebe Grüße angelface
Hallo angelface,
im Grunde bringst du hier perfekt auf den Punkt, was ich soooo oft denke: Alles ist individuell. Das ist wunderbar, weil ich die Vielfalt liebe. Und an die Einzigartigkeit jedes Menschen glaube. Darum: Vielen Dank für deine Ergänzungen!
Herzlichen Gruß
Maria
Liebe Maria,
mir schwirren ähnliche Gedanken durch den Kopf, doch die Fragen lauten anders: „Will ich das noch einmal? Möchte ich mein Leben für einen Neubeginn wieder umkrempeln und beschränken mit dem erhöhten Arbeitseinsatz, der zweifelsohne notwendig ist, Verzicht auf Hobbys oder anderer Interessen (wegen der Fokussierung . . .) Vernachlässigung von Partner, Familie und Freunden sowie massiver Einschränkung meiner Freiheit? Nein, will ich nicht mehr. Allerdings habe ich jetzt das erfreuliche Alter erreicht, wo ich nichts mehr muss aber alles darf. Mit 60 Lenzen genieße ich diesen Zustand. Da bin ich dir gegenüber im Vorteil. Ich muss nicht mehr arbeiten, doch ich darf mir aussuchen, wofür ich mich beispielsweise (ehrenamtlich) engagieren will, welche Wünsche zum Teil aus Kindheitstagen ich mir erfüllen oder zumindest reinschnuppern möchte, wie es gewesen wäre, wenn . . .
Ich liebe alles, was neu für mich ist, mag es, mich spontan in die verschiedensten Projekte zu stürzen und mich überall nach Herzenslust auszutoben. Sollte sich aus dieser erst im Alter gewonnenen Leichtigkeit was längerfristiges ergeben, dann mache ich das, auch oder weil ich mich ebenfalls hin und wieder bei der Überlegung ertappe, dass meine Zeit begrenzt ist, der Horizont näher rückt. Der Blick auf meinen 100 cm langen Zollstock (es gibt immer mehr Hundertjährige) sagt mir, dass ich heutzutage durchaus mit weiteren 40 Jahren Lebenszeit rechnen darf.
Zeit, um unendlich viel zu tun, sich für unendlich vieles zu engagieren und dabei unendlich viele Fehler zu machen oder falsche Entscheidungen zu treffen. Geht gar nicht anders. Für alles das habe ich unendlich viel Zeit, denn ich bin ja entwicklungsfähig. Allerdings habe keine Zeit mehr, länger als nötig an Menschen festzuhalten, die mir nicht gut tun oder mich mit Projekten und Sachen zu beschäftigen, bei denen ich feststelle, dass es eine Fehlentscheidung war. Ich lasse heute viel früher los, als ich es in jungen Jahren getan habe, auch weil ich das Gefühl nicht los werde, dass die Uhren im Alter schneller gehen.
Liebe Grüße
Elvira,
die mehr Angst davor hat, zu spät loszulassen und damit Lebenszeit zu verschleudern
Liebe Elvira,
ganz herzlichen Dank für deine wichtigen Überlegungen! Ja, ich verstehe das bestens. Und kann mir sogar ziemlich gut vorstellen, wie sich das anfühlt, wenn man nicht mehr arbeiten „muss“ …
Natürlich gehört der Blick auf die eigene Zeit zum Individuellsten, was ich mir vorstellen kann. Und darum bin ich unendlich glücklich darüber, dass und WIE wir hier unsere Blicke austauschen können. Für mich ist das sehr wertvoll. Jeder Blick ist einzigartig, individuell und genau so richtig wie all die Entscheidungen, die wir aus der jeweils eigenen „Blickrichtung“ treffen. Und bei dir bin ich ganz sicher: Angst brauchst du sicher nicht zu haben … denn deine Neugierde ist so unübersehbar, dass daran (jedenfalls aus meiner Sicht) gar nix falsch sein KANN, nichts „verschleudert“ wird …
Ganz herzlich
Maria
Liebe Maria,
diese Seite kannte ich noch gar nicht.
Ja, es ist sehr schwierig entspannt und frisch zu bleiben. Nicht dass einem die Ideen ausgehen, aber kann man sie noch umsetzen und wird man eigentlich noch gehört. Und warum sind wir so unwichtig geworden. Es gibt uns nur noch in Foren, die sich mit Pflege und Krankheiten beschäftigen. Es ist nicht leicht, besonders bei diesem Schneeschmudelwetter, entspannt und positiv in die Zukunft zu schauen. LG Bella/Maria
Liebe (Fast-)Namensvetterin,
ich freue mich sehr, dass du hierher gefunden hast, herzlich willkommen!
Genau dieses „nur noch in Foren, die sich mit Pflege und Krankheiten beschäftigen“ will ich sowohl mit diesem Blog allein als in Zusammenarbeit mit Uschi Ronnenberg auf der Plattform http://www.blogs50plus.de unbedingt ändern! Fast 310 Bloggerinnnen und Blogger haben sich da schon zusammengefunden -. und die Bandbreite an Themen ist unglaublich vielfältig. Das begeistert mich immer wieder! Und glaub mir: „Pflege und Krankheiten“ kommen da eher selten vor. Verschwiegen werden sollen und dürfen die Themen natürlich nicht. Aber es gibt so viel mehr!! Guck dich doch beim nächsten Schneegestöber dort vielleicht mal um! Lohnt sich, versprochen!
Mit herzlichem Gruß
Maria
Liebe Maria,
mir geht es ähnlich. Es lässt sich nicht einfach unter den Tisch kehren. Immerhin bin ich mit Ende 50 keine 20 mehr. Da sind solche Gedanken zulässig. Die Zeiten, in denen ein Mensch von der Lehre bis zur Rente in der selben Firma arbeitet, sind längst vorbei. Die beruflichen und privaten Anforderungen sind heute viel komplexer. Und damit steigt auch der Druck der Gesellschaft. Außerdem ist man heute nicht mehr „alt“. Würde es sonst so viele Schönheits OP’s, Faltenunterspritzungen und Anti-Aging Kosmetik geben? In Ruhe alt werden geht wohl nicht mehr. Von der Würde rede ich mal nicht. Das ist ein anderes Thema.
Liebe Grüße Sabine
Liebe Sabine,
ja, du hast völlig Recht: Dieses Thema zieht einen ganzen Rattenschwanz anderer Themen und Aspekte nach sich … Aber es beruhigt mich schon mal sehr, dass du sagst „mir geht es ähnlich“. Manchmal genügt so ein Satz ja, um Dinge für sich selbst besser einordnen zu können. Wie ich schon Elvira geschrieben habe: Einmal mehr bin ich äußerst dankbar über die Gespräche, die wir hier führen können … DANKE!
Ganz herzlichen Gruß
Maria