
Einmal Schlappöhrchen, immer Schlappöhrchen …
Okay, auf ganz besonderen Wunsch hier mal was absolut Privates. Ist ja auch wahr: Ich habe über den Tod von Charlotte geschrieben. Dann haben wir ein halbes Jahr lang geweint – und das ist wörtlich zu nehmen. Darum schulde ich euch jetzt quasi die Fortsetzung. Denn die gibt es:
Auf den Tag genau ein halbes Jahr später guckte sich Lilli am 21. März zum ersten Mal in unserem kleinen Häuschen um. Etwas skeptisch. Aber auch sehr, sehr neugierig. Vor allem mir folgt sie auf Schritt und Tritt – noch heute. Bis auf die Toilette. Okay, da ist auch eine Heizung drin, die eigentlich immer an ist. Verstehe ich. Wer so klein ist – keine vier Monate jetzt – braucht viel Wärme. In jeder Hinsicht: will kuscheln und tja, ständige Aufmerksamkeit. Das müssen wir noch üben. Denn worin könnte der Sinn für einen kleinen Hund liegen, Clopapierrollen oder Tempotaschentuchpäckchen zu zerkauen?! Genau: Darin, dass wir aufspringen, gleichzeitig lachen und schimpfen. Und den spitzen Milchzähnchen das entreißen, was unsrer Ansicht nach da nicht zwischengehört. Unsere Aufmerksamkeit hat sie damit auf jeden Fall … Ziel erreicht.
Überhaupt: Lilli ist unheimlich schlau. Nutzt jede Lücke. Etwa zwischen Blumenkübeln und Terrassengeländern – nur, um schön von oben herab auf all die Katzen gucken zu können, die sich in Zell, der Moselstadt der Schwarzen Katze, nur so tummeln … Da bin ich dann immer froh, dass Lilli ihre Babyzeit auf einem Bauernhof verbracht hat – zwischen Hühnern, Kaninchen, Katzen. Und mit sieben Geschwistern. Charlotte war da nicht ganz so gelassen: Katze? NEIIIN! Lautes Gebell. Sehr laut. Und anhaltend. Lilli bleibt da völlig gelassen.
Immer wieder begegnen uns jetzt Menschen, die – beinah fassungslos – rufen: „Waaas?! Ein Beagle?“
Dagegen werde ich langsam allergisch … Wenn dir alle erzählen, wie stur und (ja!) eigensinnig Beagle sind, also: quasi unerziehbar, dann macht das was mit dir. Auch, wenn du gar keinen Grund hast, solche Pauschalurteile zu glauben. Schlimmstenfalls redest du nach solchen Ausrufen ein bisschen lauter mit dem Tier, als du eigentlich willst. Und wenn Hund dann erst recht stur wird, verstehe ich das bestens … Darum: Nö, wir werden immer leiser, je dringender das ist, was wir Lilli sagen wollen. Eine Freundin von mir – sehr erfahrene Doppel-Beagle-Mama – riet mir sogar: „Versuch doch mal zu singen, wenn du sie rufst!“ Hmmm. Schwierig bei so einem kurzen Namen. Na gut …. Liiilliii geht schon. Manchmal.
Nein, wir haben absolut keinen Grund zu glauben, dass Beagle störrischer oder wasweißich sein sollen als andere Hunderassen. Ich habe auch früher oft gesagt, dass Charlotte ein Mini-Beagle war. Stimmte ja: Mama Beagle, Papa Mops. Tochter also: Puggle. Ja, sie war vielleicht noch ein bisschen verschmuster … Vielleicht. Mit vier Monaten jedenfalls sicher auch noch nicht. Da gehört es sich einfach, dass das Kleine frech und wild ist, durch die Gegend rast, dass die Schlappöhrchen nur so flattern. Dass sie ihre Zähnchen ausprobiert – und auch mal beißt. Kunststück für Mensch dann: Cool bleiben. Möglichst ruhig. Ab und zu aber auch mal laut AUA schreien … Wie soll sie sonst wissen, was sie da tut? Ich weiß: Das gibt sich. Wir haben bei Charlotte erlebt, wie gut alles funktioniert, wenn du das Tier nur einfach lieb genug hast. Punkt. Und: Wir wollten es. Genauso. Ein Beaglechen. Diese Aufregung, die Fragezeichen in den Augen von Mensch und Tier, diese Lebendigkeit. Und die Schlappöhrchen …
Ja, ich gebe zu: Wir haben lange überlegt – so ein überaus lebendiges Tier bei zwei so alten Menschen wie uns?! Grad drum! Unter anderem … Für Ersatz-Hundemamas habe ich jetzt schon eine kleine Liste, in Gedanken: „Wenn du mal keine Zeit hast, passe ich auf Lilli auf!“ Leuchtende Augen inklusive. Mindestens drei davon kommen durchaus in die engere Wahl … Natürlich nur rein theoretisch. Praktisch: never ever! Wir sind Lillis Menschen! Und wollen das auch bleiben. Sieht ganz gut aus …
Es musste aber auch aus anderen Gründen ein Beagle sein … Erstens sollte es einen Unterschied zu Charlotte geben – naja, optisch ist das nicht so ganz gelungen, zugegeben. Im Charakter? Wir werden sehen … Viel zu früh, um das zu sagen. Ich wollte kein Tier mit langen Haaren – gehe ja schon selbst so ungern zum Friseur! Dann auch noch regelmäßig mit dem Hund?! Nein danke.
Die Größe war wichtig – denn bei uns gibt es einige Treppen zu bewältigen. Hält Mensch wie Tier fit. Und zur Not muss ein Hund auch noch zu tragen sein – zu groß geht also auch nicht. Und: Es gibt durchaus Hunderassen, die können Treppen schlecht bis gar nicht rauf- und runterlaufen. Da war es alles andere als hilfreich, dass ich mich plötzlich mal mitten auf der Straße in einen Corgie verliebt habe – ja, die, von denen Queen Elisabeth so viele hatte. Kurze Beine, langer Rücken, da wird – wie bei Dackeln – das Treppensteigen schwierig. Von diesem plötzlichen Liebes-Anflug war ich selbst sehr überrascht … Doch kurz danach kreuzte ein Beagle unseren Weg. Und mein Herz wurde gleichzeitig leicht und schwer. Schlappöhrchen!
Einmal Schlappöhrchen, immer Schlappöhrchen … Freue mich schon sehr darauf, zu hören, wie die am Strand flatternd hin- und herklatschen … Muss aber noch ein bisschen warten. Eine Autofahrt von gut vier Stunden – ne, das ist noch zu früh für Lilli. Bis dahin müssen wir halt Tempos und Clopapierrollen verstecken. Gibt wahrlich Schlimmeres!