Kein Märchen: Biografiearbeit kann wichtige Denkanstöße liefern – ein Buchtipp

Kein Märchen: Biografiearbeit kann wichtige Denkanstöße liefern – ein Buchtipp

Hier geht es um das Praxisbuch „Lebendige Biografiearbeit mit Märchen“, geschrieben von Teresa A. K. Kaya und Hans Kahlau. Doch vielleicht sollte ich zuerst mal erzählen, wie ich auf dieses Buch aufmerksam wurde – denn ich finde: Das sagt schon ziemlich viel über das Thema aus. Teresa ist wie ich im Netzwerk texttreff aktiv. Und dort dachte ich, eine Ankündigung dieses Buchs von einer ganz anderen Frau zu lesen. Die ist Medizinjournalistin und Diplom Biologin, schreibt und übersetzt internationale Fachpublikationen. Das wusste ich zwar. Trotzdem war ich nur etwa anderthalb Sekunden lang ein bisschen erstaunt, dann schrieb ich ihr: „Wow, ich wusste gar nicht, dass du dich auch noch mit Märchen beschäftigst!“ Ja, ich sei sehr interessiert daran, dieses Buch zu rezensieren. Dann stellte sie schnell klar, es sei das Buch von Teresa A.K. Kaya und Hans Kahlau. Warum ich diese Geschichte so aufschlussreich finde? Weil mir klar wurde, dass ich jedem, wirklich jedem Menschen ohne weiteres zutraue, sich mit Märchen zu beschäftigen. Auch einer Frau wie der besagten Medizinjournalistin, die ich für eine sehr strukturiert und rational denkende Person halte.

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Märchen sind überall

Fast alle Menschen, die heute mehr oder weniger „erwachsen“ sind, kamen irgendwann in ihrem Leben mit Märchen in Berührung. Ich auch – und fand das keineswegs immer schön, ganz im Gegenteil: Manche Märchen haben mir regelrecht Angst gemacht. Ja, auch das gibt es. Der Begriff „Märchen“ wird heute meiner Ansicht nach viel zu oft für Romantisches, rundum Glücklichmachendes verwendet. Dabei können Märchen so viel mehr. Ja, auch an Ängste erinnern, an ziemlich unangenehme Gefühle – wie etwa das Verlassenwerden, an Demütigungen, Krisen, Trauer, positive und/oder schmerzhafte Veränderungen. Damit bin ich schon mitten im vorliegenden Buch. Denn fast all diese Begriffe tauchen in dem Stichwortverzeichnis auf, das uns klarmacht, welche Themen alles in Märchen vorkommen können. Auch eher überraschende Dinge wie Mobbing, die Partnerwahl, Abhängigkeiten, Wettbewerbe, Spott oder „Horizonte“ und Resilienz.

Worum geht es?

Neun Märchen wurden dafür ausgewählt, in eigenen Worten nacherzählt und dann wird immer erst einmal die Frage gestellt: „Worum geht es?“ Das ist alles andere als banal. Denn die „Deutung“ von Märchen kann so vielfältig und aufschlussreich sein wie das Leben selbst – und das, was jeder und jede von uns daraus macht. Sehr häufig geht es um Kindheit, Eltern und Stiefeltern, um das Erwachsenwerden, In-die Welt-Ziehen. Und zwar auch noch im höheren Alter … Dann, wenn einen scheinbar niemand mehr braucht, wie bei dem Esel, dem Hund, der Katze und dem Hahn, die sich auf den Weg nach Bremen machen, aber dort nie ankommen. Weil sie es nicht mehr müssen. Weil sie ganz etwas anderes gefunden haben, das sie glücklich macht. Es kommt also völlig anders als zuvor gedacht, denn: „Sie wagen es, ihre Talente und Kompetenzen neu zu betrachten, wertzuschätzen und sich für entsprechend angepassten Möglichkeiten zu öffnen.“

Bei anderen Märchen könnte es um Rollenbilder gehen – männliche wie weibliche – doch Autorin wie Autor betonen: „Der Kreativität von Leser*innen sind keine Grenzen gesetzt“. Natürlich nicht! Denn das alles KANN nur höchst individuell sein, schließlich geht es um Biografiearbeit, etwas durch und durch Persönliches, Einzigartiges. Die Märchen sind dabei vielleicht nur eine Art Spiegel.

Die Kombination aus Biografiearbeit und Märchen

„Alles, was uns im Inneren berührt, ist Material für Biografiearbeit!“, betonen Kaya und Kahlau gleich schon zu Beginn des Buchs. Das könnten durchaus auch „Sagen, Mythen, biblische Erzählungen, Gedichte, Dramen, Romane, Filme, Songtexte“ und mehr sein. Fast scheint es Zufall, dass sie sich für ihre Biografiearbeit ausgerechnet Märchen ausgesucht haben. Fast. Denn sie betonen auch: „Metaphorische Glaubenssätze und Wertvorstellungen werden darin transportiert. Das alles beflügelt die Fantasie und ergibt Stoff genug für ein kreatives biografisches Arbeiten im Rahmen von Erwachsenenbildung und Persönlichkeitsentwicklung.“ Dazu sollte man wohl wissen, dass beide vorwiegend im kirchlichen Bereich als Trainer:in für Biografiearbeit unterwegs sind. Das ist sicher ein Grund dafür, warum in diesem Praxisbuch die Gruppenarbeit einen recht großen  Raum einnimmt. Doch sie weisen völlig zu Recht auf all die Einzel- und Schreibübungen hin, die für jedes Märchen – und damit für sehr viele Themen der biografischen Arbeit – vorkommen. Mit anderen Worten: Das Buch eignet sich durchaus auch „für Einzelpersonen, die über Märchen einen Zugang zu ihren eigenen Lebensthemen finden wollen.“

Märchen sind also (fast) überall, können uns berühren und schaffen damit eine Menge Anknüpfungspunkte. Doch: Was genau ist eigentlich Biografiearbeit? Das steht bereits im Vorwort ganz klar: Sie hat „einen ressourcenorientierten Blick auf den Menschen […] befasst sich konkret mit dem, was für den Menschen umsetzbar ist. Sie legt dabei die Erfahrungen der einzelnen Personen zugrunde und richtet sich an ihnen aus. Biografiearbeit hat deshalb immer auch unmittelbar mit dem Alltag des Menschen zu tun.“

Genau an dieser Stelle wird für mich der Kreis rund: Auf der einen Seite der menschliche Alltag, auf der anderen Seite das Verborgene, etwa der „kairos“ – das „intuitive Wissen um den richtigen Augenblick, das Glück beim Schopfe zu packen“, wie es im Fazit zu dem Märchen vom „Hans im Glück“ heißt.

Für wen ist das Buch warum geeignet?

Weil es so eine Fülle an Material – inklusive online herunterladbarer Arbeitsblätter und Textvorlagen – bietet, ist es auch entsprechend vielfältig verwendbar. Etwa für jede Form der öffentlichen Bildungsarbeit, für ehrenamtlich Engagierte, beispielsweise in der Seniorenarbeit, aber auch für Trainer:innen, Therapeut:innen und Coaches. Wer lieber allein arbeitet, kann es ebenfalls gut nutzen: Es gibt Einzelübungen und manche Gruppen-Anregung lässt sich – vielleicht ein wenig abgewandelt – allein umsetzen. Bei alldem ist Kreativität ein wichtiger Impuls – als Motivationsschub am Anfang ebenso wie als Ergebnis eines längeren Prozesses.

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Das Wichtigste aber ist meiner Ansicht nach: Dieses Buch gibt jede Menge Anregungen, um sich noch einmal neu – und vielleicht ganz anders – mit Märchen auseinanderzusetzen. Denn die meisten Märchen sind derart vielschichtig, dass es bei näherem Hinsehen wohl kaum beim allerersten Eindruck bleiben wird … Ganz egal, ob der jetzt kindliche Furcht oder dieses „romantische“ Gefühl mit Blick auf den Prinzen und die Prinzessin war. In „Wirklichkeit“ und je nachdem, wie sich unsere persönlichen Lebensumstände gestalten, erscheint in der Kombination mit der eigenen Biografie fast jedes bekannt geglaubte Märchen plötzlich in ganz neuem Licht. Und dieser Blick lohnt sich. Allein das ist schon ein großer (Zusatz-)Nutzen dieses Buchs!

Das Buch

Das Buch wurde mir zur Rezension vom Verlag Beltz kostenlos überlassen. Was meine Meinung kein bisschen beeinflusst hat.

Wer es bestellen möchte: Das geht hier direkt beim Verlag. Oder im Shop der Autorenwelt. Oder überall sonst, wo es Bücher gibt:

Praxisbuch Lebendige Biografiearbeit mit Märchen, mit Online-Materialien. Von Teresa A.K. Kaya und Hans Kahlau.
Als broschiertes Buch: 19,95 Euro. 110 Seiten, ISBN: 978-3-7799-6445-2.

Wer das Buch hat, kann sich die zusätzlichen Arbeitsmaterialien mit einem Code online herunterladen.

Für 18,99 Euro gibt es auch ein e-book.


In eigener Sache

Auch ich habe ein Buch mit vielen praktischen Anregungen geschrieben … Allerdings geht es da unter einem ganz anderen Aspekt um die eigene Biografie: Ich verstehe unseren ureigenen Weg – vor allem, wenn wir uns ihm kreativ, möglichst durch das Schreiben, nähern wollen –  als den einzigen Weg, der zu jeder und jedem von uns passt, absolut individuell als den Weg des Eigensinns. Mehr darüber? Gern! Hier.

 

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Ich freue mich, wenn ihr diesen Beitrag in die Welt tragt ... danke!

2 Gedanken zu „Kein Märchen: Biografiearbeit kann wichtige Denkanstöße liefern – ein Buchtipp

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