Fundstücke von der Buchmesse: Retro
Manche Dinge ändern sich nie…. „Erwischt! Selbst der besten Freundin darf man keine intimen Details aus der Ehe erzählen“ – zumindest dann nicht, wenn der Ehemann blass durch den Türspalt linst. Der Tipp stammt aus dem „Handbuch für eine gute Ehe“. Und dieses Buch fiel mir eher zufällig in die Hände – weil ich Fräulein Betty so lange anstarren musste. „Retro! Aber so was von!“ Viel mehr konnte ich nicht denken. Was blöd war, denn eigentlich war ich unterwegs zu einem ganz anderen Retro-Ereignis…. Aber erst mal Fräulein Betty. Sie präesentierte das Buch zusammen mit dem Karolina Verlag, Jürgen Habenstein und der 50er Jahre Milchbar, Niedernhausen. Und dass das Ganze ein Werbegag für die dahinter steckende event-Agentur sein könnte, kam mir erst mal gar nicht in den Sinn, so fasziniert war ich von Fräulein Betty und dem perfekten 50-er-Jahre Design des kleinen Buchmessenstands.
37 Jahre jung ist sie, die Betty – pardon: das Fräulein Betty. Und betont: „Ich laufe immer so rum. Das ist kein Kostüm!“ Und was denkt sie über das Älterwerden und Sichtbarbleiben? Ganz einfach: „Wenn man die Welt bunt macht, bleibt man auch sichtbar!“ Dem ist erst mal nichts weiter hinzuzufügen….
Ich helf dir kochen
Eigentlich aber hatte ich ja was ganz andres vor, als in den 50er Jahren steckenzubleiben…. Ich war unterwegs zu Hedwig Maria Stuber, besser gesagt, zu ihrem Koch-Buch, das dieses Jahr seinen 50. Geburtstag feiert. Der Spiegel hat Stuber „die Koch-Chronistin Deutschlands“ genannt. Sicher zu Recht, denn die erste Auflage ihres ungebrochen beliebten Buchs „Ich helf dir kochen“ erschien 1955 und enthielt unter anderem Anleitungen für die Zubereitung von Hirn, Kuheuter und saure Nieren. Ob das alles in der jetzt neu aufgelegten Ausgabe auch noch drin ist, hab ich leider vergessen zu gucken….
Heute veranstaltete auf der Buchmesse Profi-Koch Murat Salzer in eine Kochshow mit Verkostung, und demonstrierte damit, wie wenig aus der Mode gekommen die Rezepte von Hedwig Maria Stuber sind. Gerührt nahm eine Dame hinter mir das Buch in die Hand und staunte: „Was, das gibt`s noch? Ich hatte die allererste Auflage!“
Ja, manche Dinge ändern sich offenbar wirklich nie. (Obwohl: Die Sache mit den Kuheutern und so bleibt ungeklärt…)
Mitten in einer Traum-Blase?
Und ich? Ich bin immer ganz hin- und hergerissen, wenn ich in so einen Retro-Strudel gerate…. einerseits hat das was Anheimelndes, Gemütliches, das Gefühl von Verlässlichkeit, fast Heimat…. Andererseits weiss ich doch genau: SO ist die Welt nicht mehr, ich steh hier mitten in einer Traum-Blase, oft mit viel Liebe zum Detail inszeniert wie am Stand von Fräulein Betty. Aber was sagt mir das? Über das Jetzt und Heute? Über mich? Über Orientierung in einer Welt, die sich vor meinen Augen immer weiter zerfasert?
Wie geht euch das? Bin gespannt!
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