Lust auf die Côte d’Azur?
Geht hier jemandem das eher graue Februarwetter auf die Nerven? Sehnsucht nach Sonne und Mittelmeer? Dann habe ich eine Buchempfehlung: die Krimis der Christine Cazon. Auf die Autorin bin ich gestoßen, als ich mal wieder Mails an „unsere“ Blogger/innen 50plus verschickt habe, mit einer Einladung zum kleinen Porträt. Da war auch eine Christiane Dreher dabei. Und siehe da: Es stellte sich heraus, dass sie sehr erfolgreiche Bücher aus Südfrankreich schreibt. Und zwar unter dem Pseudonym Christine Cazon. Das begann mit „Zwischen Boule und Bettenmachen“ – da war sie gerade endgültig aus dem Rheinland nach Südfrankreich ausgewandert. Und setzte sich noch erfolgreicher mit ihrer Krimireihe rund um den Kommissar Léon Duval fort, einer Reihe mit derzeit sechs Titeln. All die spannenden Geschichten spielen in Cannes, wo die deutsche Autorin mittlerweile lebt.
Friede, Freude oder Eierkuchen? Fehlanzeige!
Cannes also. Côte d’Azur. Sonne? Ja. Wenn auch manchmal ein bisschen zu viel. Zum Beispiel im jüngsten Band der Krimireihe: „Das tiefblaue Meer der Côte d’Azur„. Das beginnt so: „Selbst hier oben in Super Cannes war die Hitze drückend“. Alle leiden unter der brütenden Hitze ohne jeden Lufthauch. So ist das oft bei Christine Cazon: Sie schreibt über den Sommer – und die Protagonisten müssen feststellen, dass der keineswegs immer nur toll ist. Sie schreibt über eine Stadt, die für Glammer, Glitter und Luxus berühmt ist. Dann stellt sich heraus: Auch hier hat des scheinbare Paradies massive Schattenseiten. Das war schon so im ersten Band der Reihe „Mörderische Côte d’Azur“: Kaum hat Duval seinen ersten Fall aufgenommen, steckt er auch schon mitten in einem „Dickicht aus Eitelkeiten, Intrigen und Korruption“. Cazon schreibt über die Reichen und Mächtigen – und bestätigt, was viele von uns vermutlich geahnt haben: Das ist keineswegs ein ungetrübtes Leben. Ganz und gar nicht. Oft liefert genau das den Stoff für ihre Krimis. Friede, Freude oder Eierkuchen ist da nirgendwo. Das macht die Krimireihe stark und glaubwürdig. Außerdem schreibe sie „nicht nur Regionalkrimis, sondern immer auch Romane aus dem Frankreich der Gegenwart“, bemerkt treffend Manfred Flügge für die Zeitschrift Mare. Da geht es auch um das Schicksal von Flüchtlingen, afrikanische Straßenhändler, Konflikte zwischen Tierschützern und Schäfern oder zwischen Touristen und einheimischen Fischern.
Cazon verschweigt nichts
Christine Cazon weiß genau, worüber sie schreibt. Kennt Cannes wie ihre Westentasche. Und zwar auch die kleinen Geschäfte, Büdchen, unbekannten Ecken und kleinen Restaurants. Ihr Léon Duval hat sich mittlerweile in eine Journalistin verliebt, die weit im Hinterland von Cannes lebt – damit kommen auch die Bergdörfer hinter der glitzernden Stadt sehr lebendig in den Blick. Und sie kennt die Menschen aus und in Cannes. Fischer etwa. Die stehen in „Das tiefblaue Meer der Côte d’Azur“ im Fokus. Doch nicht nur als einzelne Charaktere, sondern mitsamt der ganzen dramatischen Situation, in der sich Fischer des Mittelmeers sicher nicht nur in Cannes befinden: „“Für die Folklore sind wir gerade noch gut“, bemerkt ein Fischer in diesem Buch irgendwann sehr resigniert; gut für Postkarten-Charme mit Fischerboot-Idylle, den Cannes immer noch gern ausstrahlen will. Doch die Realität ist längst völlig anders: Kein Fischer kann ohne zweites Einkommen überleben, an der ganzen Côte d’Azur gibt es gerade mal noch dreißig Menschen, die es trotzdem versuchen. Cazon verschweigt nichts. Sie erzählt von Tourist/innen, die Fischer mit Steinen bewerfen, weil die sie angeblich beim frühmorgens beim Baden stören, von Luxusjachten, die mal eben kleine Fischerboote samt Menschen drin ohne jede Konsequenz zermalmen können.
Ohne „jede Konsequenz“? Nein, das dann doch nicht. Denn genau dafür steht Léon Duval: Er kümmert sich um Menschen, ungeachtet von Rang oder Einkommen. Er steht für ein Cannes, das sich nicht durch Glanz verblenden lässt – oder es zumindest nicht tun sollte. Kurz: Er ist sympathisch, isst gern gut, sucht sich seine Routinen abseits der Touristenpfade, verliebt sich, hat Geduld mit trauernden Menschen, kann seinem maunzenden Kater ebenso gut zuhören wie dem ewig betrunkenen Ex-Skipper, der eine bemerkenswerte Geschichte zu erzählen hätte. Wenn man ihn denn mal erzählen lassen würde … Duval tut es. Und das hat Folgen.
Jedes Buch eine neue Einladung
Manches bleibt in allen Büchern gleich – klassische Serienmerkmale. Die genau das tun, was sie tun sollen: Sie verlocken, können süchtig machen. Und laden uns in jedes Buch neu ein. Anderes ändert sich natürlich. Alle Zitate rund um die Fischerei hier stammen aus dem – nur vorläufig – letzten Duval: „Das tiefblaue Meer der Côte d’Azur“.
Und bei Duvals Freundin, der Journalistin Annie, dürfte sich in Zukunft wohl auch so einiges ändern … Aber das ist vermutlich schon Teil des nächsten Buchs. Spannende Krimihandlung – wie immer – inklusive.
Alle Krimis plus Autorin und ihr Blog auf einen Blick? Hier.
„Das tiefblaue Meer der Côte d’Azur“ hat mir der Verlag Kiepenheuer und Witsch kostenlos überlassen, das Fotos auch. Danke dafür! Bezahlen tut mich allerdings noch immer niemand für meine Meinung, auch in diesem Fall nicht. (Und das ist gut so!)
In eigener Sache
Die Trilogie des Eigensinns besteht bislang aus zwei Büchern – die sich ohne Probleme auch wunderbar getrennt voneinander lesen lassen. Macht durchaus Sinn, denn sie bilden zwar eine „Familie“, haben aber unterschiedliche Schwerpunkte. In „Mein Kompass ist der Eigensinn“ geht es darum, wie wir Eigensinn erkennen, ihn für uns entwickeln können. Aber auch darum, wo er seine Grundlagen hat, welche Vorbilder ich gefunden habe – und wie er uns helfen kann. Als Kompass zum Beispiel. Oder beim Schreiben von (eigenen) Büchern.
In „Wer schreibt, darf eigensinnig sein“ steht eigentlich schon alles Wichtige im Titel: Es geht um die praktische Realisierung des Schreibens mit Eigensinn, um Kreativität, aber auch um Selfpublishing. Da gibt es jede Menge Praxistipps, Übungen und Beispiele. Aber auch die Spiellust – meiner Ansicht nach ein wichtiges Schreib-Instrument – kommt nicht zu kurz. Zum Beispiel mit dem Selbsttest „Welcher Schreibtyp bin ich eigentlich?“ Der zieht sich – augenzwinkernd bis ernst – durch das ganze Buch.
Beide Bücher auf einen Blick – und auch zum Bestellen – im Shop der Autorenwelt hier. Aber natürlich auch überall sonst, wo es Bücher gibt.
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