Es tut sich was … Wege in den (Un-)Ruhestand werden thematisiert
Nein, das Thema ist alles andere als neu. Und überraschend schon gleich gar nicht: Dass nun die Zeit beginnt, in der die „geburtenstarken Jahrgänge“ in Rente gehen, ist schon seit Jahrzehnten klar. Dass wir auf eine heftige Umverteilung in demografischer Hinsicht zusteuern, wusste schon Norbert Blüm, als er 1986 ausrief: „Die Rente ist sicher!“ Doch während ich dies schreibe, scheint sie 2025 unsicherer denn je zu sein … Immerhin liegt das reiche Deutschland im Schnitt mit 48,1 Prozent des letzten Nettoeinkommens im europäischen Vergleich weit hinten in Europa … und:
Es werden immer mehr Stimmen laut, die versuchen, uns Boomer gegen jüngere Generationen auszuspielen.
Ich vermute mal, das funktioniert unter anderem deshalb so gut, weil wir noch lang keine eigene Position gefunden haben. Glaube allerdings: Die brauchen wir. Dringend.
Nein! Weder die Rente noch Weihnachten kommen überraschend!
Um die politische Situation soll es hier gar nicht gehen. Wollte das nur mal erwähnen … Und auf diese seltsame Vogel-Strauß-Haltung aufmerksam machen, die ich dahinter an so vielen Stellen sehe. Wie Weihnachten … das ja jedes Jahr sooo überraschend kommt!
Ich hab noch nie viel davon gehalten, gegen „die da oben“ zu wettern. Und muss leider auch sagen: Gerade im Fall der Rentenplanung sollten wir Boomer uns durchaus auch mal an der eigenen Nase packen:
Wo sind die Angebote an sinnvollen Ehrenämtern für die beinah 20 Millionen Menschen, die in den nächsten zehn Jahren in Rente gehen werden? Wo der ernsthafte Aufschrei gegen die Personalpolitik so vieler Firmen, für die jeder Mensch schon mit über 50 „zu alt“ ist – denn nicht wenige von uns werden bald händeringend nach Teilzeitjobs suchen müssen. Und vor allem: Wo sind die Angebote, mit deren Hilfe wir uns überhaupt erst mal klarmachen können, was wir (finanziell) als Rentner brauchen, was wir uns wünschen, leisten können – und wollen? Wie wir diesen wahrlich einschneidenden neuen Lebensabschnitt planen und mit Leben füllen wollen, füllen können? Was ist realistisch? Was passt zu uns, was eher nicht? Woher nehmen wir unser Selbstbewusstsein, wenn wir uns nicht mehr über „unsere Arbeit“ definieren können? Woher Antrieb, Tagesroutinen und Motivation?
All das sind Dinge, die meiner Ansicht weder von denen „da oben“ – also mit politischen Plänen – unterstützt (beziehungsweise oft genug verhindert) werden können und sollten. Noch durch kommerzielle Angebote a la „Treppenlift als Sicherheit im Alter“ oder Kreuzfahrten für Senior:innen sinnvoll begleitet werden. Gerade Letzteres hatte für mich immer schon was Zynisches – ich rufe hier nur mal die äußerst reale Gefahr von Altersarmut ins Bewusstsein.
Nein! Ich denke, wir sollten uns selbst um die so dringend notwendigen, sinnvollen Angebote kümmern. Denn:
Wir kennen die Bedürfnisse unserer „Alterskohorte“ schließlich am allerbesten …
Den richtigen Weg zu finden, ist alles andere als einfach
Fun Fact am Rande: Ich hatte vor rund zehn Jahren tatsächlich mal vor, genau in diesem Bereich aktiv zu werden: Wo finden Rentnerinnen und Rentner Hilfe? Ich habe sogar ein Zertifikat, das mir bescheinigt, dass ich „Senior Trainerin“ bin. Nutzt mir … genau gar nichts. Bei der feierlichen Zertifikats-Übergabe sagte der Leiter der Einrichtung, in der ich es erlangt hatte, sichtlich stolz: „Damit können Sie jetzt in städtischen Einrichtungen Senior:innen begleiten – zum Beispiel durch ein Museum.“
Was für ein Menschenbild!!!
Senior:innen brauchen andere Senior:innen, um durch ein Museum zu gehen? Das darf ja wohl nicht wahr sein!!!
Mein eigentlicher Plan war, die Arbeit für ältere Menschen deutschlandweit gemeinsam mit ihnen in einem viel größeren Rahmen zu kanalisieren, gemeinsam zu entwickeln, kurz: zu leben. Das Älterwerden neu zu denken – gemeinsam, aber doch individuell. So etwa. Doch da hatte ich null Chancen. Statt dessen sah ich mich konfrontiert mit uralt-starren Verbänden wir der BAGSO. Vielleicht habe ich ja was übersehen – aber ich wurde nie warm mit dieser „Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen“. Entsprach ganz und gar nicht meinem Lebensgefühl – und ich weiß: dem vieler ähnlich „alter“ Menschen auch nicht. Genau! Hier fängt’s ja schon an:
Wann beginnt eigentlich dieses „alt“?
Das KANN nur individuell beantwortet werden.
Wege in den Un-Ruhestand: Informationen, Unterstützung
Und individuell sollte darum auch jeder Weg sein, mit dem wir mit unserem „Ruhestand“ – in Ruhe oder Unruhe – umgehen wollen. Alle für sich? Finde ich jetzt auch nicht die allerbeste Idee … Denn das ist doch eine DER Chancen unserer Generation: Wir sind so viele, dass wir auch gemeinsame Akzente setzen, gemeinschaftlich neue Modelle entwickeln, vielleicht sogar eine eigene Partei oder einen Verband gründen könnten, um andere Menschen (gern auch mit ganz anderen Bedürfnissen als unseren eigenen) zu unterstützen. Träumen erlaubt … Denn das ist doch das Allerbeste: Da ist ganz viel Freiheit, die auf uns wartet! Wir können, dürfen und sollten uns eigene Prioritäten setzen!
Nur: Niemand hat uns je beigebracht, wie dieses „Projekt Ruhestand“ eigentlich geht …
Es gibt wenig Vorbilder, selten Begleitung oder eine „Schule des Ruhestands“. Eigentlich fehlt hier sehr, sehr viel …
Umso schöner finde ich es, dass mir in letzter Zeit immer mehr Privat-Initiativen begegnen, die dieses – von vielen als sehr deutlich erlebte – Defizit ausgleichen wollen.
Das erste, was ich buchstäblich in Händen hielt, war das Workbook von Gisela Enders rund um den „Aktiven Ruhestand“. Hier habe ich ein Interview mit ihr darüber geführt.
Ausdrücklich erwähnt sie dort auch Gudrun Brehm-Seidel mit ihrer „Lebensphase Freiheit“. Für alle, die hier regelmäßig mitlesen: Sie ist eine längst Bekannte, wie Gisela Enders dem Netzwerk der Blogs50plus angeschlossen. Und hier habe ich Gudrun Brehm-Seidel schon einmal vorgestellt.
Die beiden Frauen haben kurz nach dem Erscheinen des Workbooks gemeinsam ein Interview mit Bertram Kasper geführt – auch in seinem Podcast Gelassen älter werden finden sich immer wieder wichtige Beiträge, die sich mit der Planung des Ruhestands beschäftigen. Die Folge mit Gisela und Gudrun ist hier nachzuhören, sie heißt: „Lebensphase Freiheit – Übergänge bewusst gestalten“.
Und heute geriet mir noch – eher zufällig – eine Talkrunde ins Visier: Ruhestand im Wandel – Wie der Übergang gelingt | Abenteuer Unruhestand, auf Youtube hier nachzuhören.
Ich glaube: Da tut sich was! Finde ich sehr erfreulich … Ist aber auch allerhöchste Zeit – siehe den Anfang dieses Textes.