Was erwartet ihr von 2016? Aufbruch – Ausbruch – Ausblick

Was erwartet ihr von 2016? Aufbruch – Ausbruch – Ausblick

Helmut Achatz hat in seinem Blog „Vor(un)ruhestand“ hier mit „Was erwartet ihr von 2016?“ eine Blogparade gestartet, die mir grade recht kommt, weil ich merke, dass ich schon länger exakt mit den Begriffen „Aufbruch, Ausbruch und Ausblick“ kämpfe, die den Titel zu meinem Beitrag bilden.

Ausgangspunkt(e)

Für den Wirtschaftsingenieur und Journalisten Achatz ist 2016 das letzte Arbeitsjahr, bevor er in Rente geht. Ich muss noch 12 Jahre arbeiten, um meine „reguläre Rente“ zu erreichen. Und bin dabei in einer ziemlich verzwackten Situation. 55 Jahre alt, zur Zeit arbeitslos, lange krank gewesen, schlimmer noch: Es hat mir für Monate komplett den Boden unter den Füßen weggezogen. So langsam krabble ich zurück in das, was mein neues altes Leben werden soll. Das ist auch der Hauptgrund dafür, weshalb mich die Fragen nach Sichtbarkeit, Offenheit, Privatheit so sehr umtreiben, dass ich euch hier zu meiner eignen Blogparade aufgerufen habe. Für mich liegen da nämlich ziemlich viele Stolpersteine im Weg rum, wenn es um meine eigene Offenheit in diesem Blog geht. Zum einen ist es einigermaßen unklug, das „Arbeitsamt“, das ja nach den Boomzeiten der „Ich-AGs“ nun eine hundertprozentige Kehrtwende gemacht hat und sich mit Händen und Füßen dagegen sträubt, Menschen in die Selbstständigkeit zu begleiten, zu früh auf meine Pläne aufmerksam zu machen. Zum anderen sind da meine Erlebnisse nach einem Mobbingprozess am Ende einer jahrelangen Festanstellung,  die  mit Depression und Panikattacken unmöglich wurde. Darüber will ich ebenso wenig in diesem Blog hier schreiben wie über andere Krankheiten. Ganz im Gegenteil: Ich möchte das alles hinter mir lassen. Möchte aufbrechen, endlich wieder neu starten.

Es könnte doch noch alles gut werden….

Aufbruch

2016 will und werde ich endlich erstmals meinen Führerschein machen – ja, darüber werde ich berichten, versprochen! So viel kann ich jetzt schon sagen: Es ist ein Abenteuer. Denn damit tanze ich mal wieder völlig aus der Reihe…. Du hast den Führerschein spätestens, bis du 25 bist. Oder eben nicht – zum Beispiel, wenn du wie ich die längste Zeit deines Lebens nur in großen Innenstädten gewohnt hast. Dann merkst du vielleicht erst mit 70 wieder, dass es doch gar keine schlechte Idee gewesen wäre, diesen „Lappen“ allen Widerständen zum Trotz doch noch zu machen. So wie die Mutter einer Freundin, die auf dem Land lebt, den Führerschein nicht hat und sich nach einem Schlaganfall ihres Mannes kaum mehr selbst versorgen kann. Obwohl sie völlig gesund ist. Das ist Vorsatz Nummer eins: Vermeide alles, was dich abhängig macht!

2016 werde ich mich wieder selbstständig machen. Als freie Texterin, Autorin, Journalistin. Das steht fest, das kann ich, das hab ich – mehr oder weniger – immer getan. Ich freue mich drauf, habe mich – glaube ich – ziemlich gut darauf vorbereitet.  Lang habe ich gedacht: „Ich erfinde mich dann ganz neu“. Doch das ist Blödsinn. Ich kann ja am besten mit all den Fähigkeiten und Kenntnissen arbeiten, die ich immer schon hatte. Sicher: Ich werde sie ergänzen, neu ausrichten, umschichten. Aber „ganz neu“? Da würde ich mich doch mal wieder nur selbst überschätzen… Und so habe ich schweren Herzens erst mal Abstand davon genommen, in Wuppertal eine Herrenbutike zu eröffnen… ähm nein: Ich mache keinen Secondhand-Laden mit Ausstellungsflächen für Gebrauchskunst auf. Obwohl das tatsächlich einer meiner Träume ist, wie wir sie wohl alle mit uns rumtragen. Und beim Hochrappeln aus meiner Komplett-Bauchlandung dachte ich eine Weile, jetzt sei genau der Zeitpunkt für die Verwirklichung eines solchen Traums gekommen… Ich habe die Idee noch nicht ganz „abgeschrieben“… vielleicht, eines Tages… Denn ich finde andererseits: Träume sollte man sich erhalten. Aber ich hab halt auch gelernt, dass es wichtig ist, die psychische wie physische Gesundheit gut im Blick zu haben. Und Selbstüberforderung macht krank. Das hab ich nun wirklich gründlich gelernt.

Eins steht fest. Ich will mich nicht mehr ängstlich in Ecken verkriechen, werde wieder aufbrechen, bin offen für ganz Neues… Und finde, das alles hat schon einen Hauch von Abenteuer. Darum freue ich mich auf alles, was da kommen wird. Und weiß auch: Ich kann nicht alles jetzt schon bis auf’s letzte Komma genau berechnen. Die Grundsteine sind gelegt, die wichtigsten Entscheidungen getroffen, jetzt will und werde ich mich überraschen lassen.

Ausbruch

Bei mir ganz klar: Ich will es schaffen, aus meinen Krankheitsgeschichten auszubrechen. Aus den Kreisläufen der Verzweiflung, der Ohnmacht, der lähmenden Unfähigkeit. Nach all den psychosomatischen Krankheiten wurde ich nämlich auch noch Brustkrebspatientin. Und die Zeit der Chemotherapie war die schlimmste meines Lebens: Ich hab sie in einer Art Dämmerzustand verbracht, der fast schon menschenunwürdig war. Du kannst nichts mehr selbst entscheiden, nichts tun… eine Zeitlang konnte ich nicht einmal mehr sprechen. Dazu kam dieses Gefühl völligen Versagens, wenn du einmal in den Strudel von Mobbing geraten bist – und blöd, wie manche Menschen nun mal sind, dir auch noch selbst die Schuld an all dem gibst, was da geschieht. Danach hab ich ein Misstrauen gegen alles und jeden entwickelt, das mir gar nicht entspricht. Das war nicht ich. Hey: Ich bin die mit dem unausrottbaren Optimismus – auch und wohl gerade darum, weil ich immer schon ganz genau wusste, dass dies nicht die Regel ist. Dass Optimismus ein Geschenk ist, selten und kostbar.

Natürlich wäre es fatal, all meine Krankheitsgeschichten zu leugnen oder komplett vergessen zu wollen. Sie haben mich geprägt. Sie sind Teil von mir. Das ist mir absolut klar. Aber ich möchte einen Abstand zwischen sie und mich bringen, der so groß wie nur irgend möglich ist. Ich möchte ausbrechen aus diesen Kreisläufen, die mich gegen meinen Willen steuern. Versteht mich bitte richtig, mir ist völlig klar: Wenn du einmal krank bist, dann gibt es kein „Gegensteuern“ mehr, schon gleich gar kein „Ausbrechen“… Aber das mit den Krankheiten ist so eine Sache wie bei Asterix: Wenn mir morgen (wieder) der Himmel auf den Kopf fallen sollte, kann ich es nicht ändern. Bis dahin aber möchte ich bitte nicht allzu viel über auf Köpfe fallende Himmel nachdenken müssen.

Ausblick

Wenn alles so läuft, wie ich mir das wünsche, bin ich ab 1. Februar 2016 wieder selbstständig. Schon immer hatte ich eine große Liebe zu allem, was handwerklich gefertigt ist. Und zu den Menschen, die es tun. Außerdem macht es mich wütend, wie unbedacht wir oft hinnehmen, dass mit alten Berufen (Schuster und Schriftsetzer, Feintäschner und Steinmetz – um nur ein paar zu nennen…) auch das in Jahrhunderten erkämpfte Wissen um Bearbeitung, Materialeinsatz und Techniken einfach so verschwindet. Ich möchte Menschen porträtieren, die dieses Wissen am Leben erhalten, ihre Geschichte(n) erzählen, die Geschichten von Produkten und (kleinen) Unternehmen, Lebensgeschichten und Erinnerungen…. Ich freu mich sehr darauf. Außerdem verstehe ich meine eigene Arbeit, das Texten, als Handwerk. Und werde dies als Dienstleistung in allen Bereichen anbieten, wo es gebraucht wird….

Aber, wie schon gesagt: Ich will und kann nicht alles jetzt schon bis auf’s letzte Komma genau berechnen… Ein wenig möchte ich mich auch überraschen lassen von dem, was da dann kommt. Ich hab lang gebraucht, bis ich mir meine Grundsteine passend neu zusammengesetzt habe. Ja, ich kann sagen: Ich hab getan, was ich konnte, um eine gute Ausgangsbasis zu schaffen. Und vor allem hab ich meinen Optimismus wiedergefunden, mit dem ich nun sagen kann: Es könnte doch noch alles gut werden.

10 Gedanken zu „Was erwartet ihr von 2016? Aufbruch – Ausbruch – Ausblick

  1. Toll, dass du den Führerschein machen wirst! Ich habe meinen ja schon seit längerem, aber mit 50 habe ich den großen Motorradführerschein gemacht und es war wirklich lustig, mit den ganzen Adoleszenten (schreibt man das so?) in der Fahrschule zu sitzen.
    Viel Glück bei allem, was du dir vorgenommen hast!
    LG
    Sabienes

  2. Liebe Maria, ich wünsche dir für dein ganzes Vorhaben, viel Kraft und Glück. Ich kann absolut nachvollziehen wie du dich fühlst. Krank zu sein oder gar Schwäche zu zeigen, ist in unserer Gesellschaft nicht gefragt. Immer wieder muss ich feststellen, dass Menschen über Personen negativ urteilen, die sie nicht kennen. Ich finde es schade, das man sich ständig für etwas rechtfertigen muss, was andere gar nichts angeht, um verstanden und akzeptiert zu werden. Meine Devise ist schon immer gewesen, positiv zu denken. Neid und Missgunst gibt es einfach zu viel auf dieser Welt. Ich wünsche dir bei all deinen Plänen viel Erfolg. Ich habe auch eine Freundin so lange bequatscht bis sie ihren Führerschein gemacht hat. Da war sie 56! Heute ist sie mir dafür nach anfänglicher, harter Gegenwehr, mit sogar ein wenig Streit, sehr dankbar. Wir hören voneinander.
    LG Petra

    1. Liebe Petra, ach, danke!!! Ich bin noch mittendrin, aber ich werd’s schaffen!!! Streiten muss ich mich allenfalls mit mir selbst…. aber so ein Freundschaftsdienst ist wirklich Gold wert!
      Dank dir für deine netten Worte!
      Lieben Gruß
      Maria

  3. Pingback: Blogparade: Was erwartet ihr von 2016? – die ersten Beiträge › Vor(un)ruhestand
  4. Hallo Maria,
    dein Aufbruch – Ausbruch – Ausblick ist online – und meine Blogparade um einen phantastischen Beitrag reicher.

    Viel Erfolg für deine Vorhaben
    lg
    Helmut

  5. Zu deiner Ermutigung: Meinen Führerschein habe ich mit 57 gemacht. Ich beschloss, entweder mache ich ihn, bevor das Jahr um ist, oder ich rede nie wieder darüber. Am 23. Dezember hatte ich ihn. Am 30. Dezember kaufte ich einen kleinen gebrauchten Fiat, fuhr damit unter starkem Herzklopfen durch die Wahnsinnsstadt Athen bis zu unserer Wohnung (erstmals allein am Steuer!), parkte unter dem Balkon unserer Wohnung, ging hoch und bat meinen Mann, doch mal auf den Balkon zu treten. Ob er das Auto da unten sehe. Er: „Ja – und?“ – Ich: „Ist unser“. „hä?“
    Ich hatte kein Wörtchen verlauten lassen, weder vom Führerscheinmachen noch vom Autokauf. Wir hatten bis dahin ohne Auto gelebt – mein Mann hat keinen Führerschein, wollte nie einen. Aber nun (16 Jahre später) können wir uns ein Leben ohne Auto nur noch schwer vorstellen, denn wir haben jetzt einen Hund und ein Haus weit weg von öffentlichen Verkehrsmitteln. Das ist nur mit Auto möglich. – Übrigens war es nicht schwer. Ich brauchte nicht mehr Fahrstunden als die jungen Schüler. Warum auch? Sind wir mit 55 oder 57 blöd im Kopf, oder was? Liebe Grüße – und los gehts!

    1. Liebe Gerda, ups, ATHEN!!! Nee, da krieg ich ne Gänsehaut. Jedenfalls jetzt noch… ändert sich aber bestimmt auch bald. Ja, ich schaff das! Und das mit dem Hund und den Verkehrsmitteln, die zwar nicht so weit weg, aber immer seltener fahren, ist bei uns auch so. Ja, wenn ichs geschafft hab, werd ich einen heftigen Freundensprung machen… und ich werd euch auf den Laufenden halten, Schritt für Schritt…
      Liebe Grüße – und danke fürs Mutmachen!
      Maria

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