Die besten Last-Minute-Weihnachtsgeschenke sind immer noch … Bücher. Was denn sonst?

Die besten Last-Minute-Weihnachtsgeschenke sind immer noch … Bücher. Was denn sonst?

Als Buchjunkie ist es fast schon selbstverständlich, dass ich auch 2024 mal in mich gehe und die passenden Last-Minute-Weihnachtsgeschenke in Form von Büchern zusammenstelle … Dabei habe ich mir zwei Beschränkungen auferlegt: Das Buch muss 2024 erschienen sein. Und sollte – zumindest im allerweitesten Sinn – was mit dem Älterwerden zu tun haben.

Ich fürchte, dem letzten Faktor ist es geschuldet, dass meine Buchtipps 2024 ziemlich „nachdenklich“ ausgefallen sind, was deren Inhalte angeht … Finde ich nicht schlimm – Jubel-Weihnachts-Gedöns gibt es schließlich genug. Wir können die „stille Zeit“ ruhig mal zum Nachdenken nutzen – ich zumindest finde: So kann weihnachtlich auch gehen. Spannend sind die sieben Bücher außerdem alle … Jedes auf seine Weise.

Ein Buch, das beide Anforderungen perfekt erfüllt, ist:

FRAUENleben. Was es bedeutet, eine Frau zu sein. Frausein. Körperlichkeit. Altern

Ein Foto-Buch von Sonja Schiff und Rochus Gratzfeld.

Cover des Buchs Frauenleben von Rochus Gratzfeld und Sonja Schiff
Copyright: Schiff und Gratzfeld

Worum geht es?

Hier erzählen 33 ganz verschiedene Frau von ihrem Frausein, ihrem Älterwerden und ihrem Körper: „Wie er sich ändert. Wie sich der Blick auf ihn wandelt. Wie es sich in ihm lebt.“ Es sind „Aktportraits ohne Wertung. Texte, die berühren. Eine Feier der Körperlichkeit in jedem Alter. Ein Buch, das Frauen stärkt.“ In wunderbaren schwarz-weiß Fotos porträtiert von Rochus Gratzfeld, Yasemin Uyar, Sabine Kristmann-Gros und Kerstin Kuntze: 33 intime Akte beziehungsweise Halbakte.

Die porträtierten Frauen leben in Österreich, Deutschland und Ungarn, sind zwischen 1945 und 1992 geboren. Sie sind Tochter, Schwester, Mutter, Freundin, Partnerin, Ehefrau, Single, Witwe. Sie sind Pflegefachkraft, Tätowiererin, Haushaltshilfe, Sozialarbeiterin, Gärtnerin, Psychologin, Rentnerin, Tänzerin, Straßenzeitungsverkäuferin, Hausfrau, Pädagogin, Pensionistin, Ärztin, Musikerin, Beraterin, Kulturmanagerin,  Psychotherapeutin, Werbefachfrau, StreetArt-Künstlerin, Bäuerin, Ingenieurin und vieles mehr.

Mehr über dieses wunderschöne, bemerkenswerte Buch – mit Bestellmöglichkeiten – hier (daher stammt auch mein Bild  zum Buch)

 

Kapitän Jürgen Schwandt

„Ich bin kein Senior. Ich bin ein alter Mann.“ Stolz und unbeugsam war er immer, der Käptn Schwandt. Ein Mann, der nie einen Hehl aus seiner Haltung machte – weder geistig noch körperlich. Rauchte wie ein Schlot und stellte unmissverständlich klar, dass Menschen, die zur See fahren, nie, niemals, unter keinen Umständen andere Menschen ertrinken lassen dürfen. Der alte Seebär blieb immer er selbst, saß in zahllosen Talkshows und hatte auf Facebook eine riesige Fangemeinde.

Es geht um Kapitän Jürgen Schwandt, 1936 in Hamburg geboren, 2024 gestorben. 2016 hat Autor und Verlagsleiter Stefan Krücken für seinen Ankerherz Verlag Schwandts Biographie unter dem Titel „Sturmwarnung“ veröffentlicht, bald bekam Schwandt eine wöchentliche Kolumne im NDR „Kulturjournal“. Januar 2024 erschien – neun Monate vor Schwandts Tod – eine erweiterte und überarbeitete Neuauflage der „Sturmwarnung“: „Der Kapitän möchte uns noch etwas erzählen“ so die Verlagsankündigung.

Buchcover Kapitän Jürgen Schwandt: Sturmwarnung, Ankerherzverlag
Copyright: Verlag Ankerherz

Ein prall gelebtes Leben und vor allem: Die Geschichte(n) eines Mannes, der einfach klar war. Aus dem Nachruf von Stefan Krücken: „Einer, mit dem man über alles reden konnte. Der zuhörte, ohne sich vorher schon ein Urteil gebildet zu haben. Er war gütig, hilfsbereit, er war ein Seemann und ein Mensch. Sein Engagement gegen Rassismus und Hass, sein Einsatz für Außenseiter und Ausgestoßene machten ihn für viele zum Vorbild.“

Wer das Buch sucht, muss derzeit leider auf Antiquarisches zurückgreifen – oder sich im Ankerherzverlag vormerken lassen, denn es ist vorübergehend vergriffen.

 

Dirk Carolus, der Ex-Bulle aus Hamburg. Und viel mehr …

Bleiben wir mal in Hamburg … Und bei Zigaretten. Plus Whisky. 2024 hat Dirk Carolus bereits seinen zweiten Hamburg-Roman veröffentlicht, der dritte ist in Arbeit. Immer steht da dieses Alter Ego von Carolus im Fadenkreuz: Dirk Leonhard. Weniger als treibende Kraft, eher als Getriebener: Ein Ex-Bulle aus Hamburg, der mehr als einmal kurz vorm endgültigen Scheitern steht. Das korrespondiert mit der Lebensgeschichte des Autors – und das merkt man beim Lesen. Doch die Romane von Carolus sind alles andere als eine Art Nabelschau …

Buchcover Dirk Carolus - Niemand wird es verstehen
Urheber: Dirk Carolus

Er versteht es, sehr drängende Zeit-Fragen zu stellen, in seinen Thrillern all das Unsägliche aufzugreifen, was uns täglich umgibt. Von Missbrauch bis Mord, Sadismus, Entführung, Betrug bis zu jeder Art (körperlicher) Gewalt – wirklich nichts für zart besaitete Gemüter. Aber immer spannend und auf selten gewordene Art nachdenklich. Denn des geht letzten Endes immer um die Frage, wo „Das Böse“ herkommt, wie wir ihm begegnen können – und zwar vor allem IN uns. Was mich daran vor allem fasziniert: Carolus schafft es, niemanden zu ver-urteilen. Ja, es geht oft um Exzesse. Aber es ist immer auch klar: Der Autor ist mit von der Partie. Er schließt sich nie aus. Und die Fragen, die er stellt, betreffen uns alle.

Carolus wurde 1962 geboren – seine Hauptfigur vermutlich auch. Es geht nicht explizit um das Thema Älterwerden, aber immer wieder um ein gewisses Zeitgefühl, das viele „Babyboomer“ kennen und mit Sicherheit auch wiedererkennen werden.

All seine Bücher hier (und: Ja, ich war bzw. bin die Lektorin …)

 

Krimis aus und im Altenheim, Eifel

Wem der letzte Tipp zu heftig war, für den hätte ich ein Gegenangebot: Krimis im Altersheim und drum herum. Eher cosy und immer mit Spielorten in der Eifel. Die Autorin heißt Andrea Revers und hat nach 22 Jahren als Psychologin, Trainerin und Coach ihre beruflichen Weichen neu gestellt: Jetzt schreibt sie Kriminalromane und Kurzkrimis.

Buchcover: Vertrau mir nicht von Andrea Revers
Rechte am Bild: Rowohlt-Verlag

Ihr Debütroman „Schlaf schön“ war der erste aus der Serie ihrer Eifel-Krimis, der mir in die Finger fiel. Dann habe ich weitergelesen – Krimis entspannen mich tatsächlich oft. Und gerade die von Andrea Revers fand ich dafür durchaus nützlich, unterhaltsam und gut geschrieben … Manche Figuren sind ein bisschen schräg – aber wirklich nur ein bisschen. Kriminalistisch sauber konzipierte Bücher über die Erlebnisse der „Eifeler Miss Marple“, dank der Psychologie-Kenntnisse der Autorin stellenweise auch durchaus lehrreich, wenn es um Entwicklung und Innenleben der Figuren geht.

Mein Fazit

Nichts Abgehobenes, aber sehr solide. Und vor allem dürfte das Durchschnittsalter der Protagonist*innen so zwischen 60 und 70 liegen. Doch weit und breit ist da nichts von den üblichen Vor-Urteile gegenüber „Älteren“ zu finden …

2024 neu erschienen: Vertrau mir nicht. Im Shop der Autorenwelt hier bestellbar.

 

Frau Phönix lässt das „Dysfunktionale“ hinter sich … Ein Lehrstück

Und dann noch ein Buchtipp aus dem „echten Leben“: Silke Krumbeck ist Paar- und Familientherapeutin. Und ich finde: Ihr erstes Buch ist ein „großer Wurf“ – in vielerlei Hinsicht. Das weiß ich, weil ich auch sie als Lektorin begleiten durfte.

Coverfoto: Das Buch Frau Phönix von Silke Krumbeck
Alle Rechte: Silke Krumbeck

In dem Buch geht es um einen Selbstmordversuch und Panikattacken, Depressionen und Essstörungen, Angst, Vaterliebe und wilden Hass auf den eigenen Vater, mehrere Beziehungen mit „falschen“ Männern. Das alles sind typische Muster, die sich zeigen, wenn Kinder in dysfunktionalen Familienstrukturen aufwachsen müssen. Verstärkt werden solche Muster noch, wenn mindestens ein Elternteil narzisstische Anteile hat.

Tatsächlich ist das alles so gut wie nie auf einen Blick zu erkennen – es braucht das Älterwerden, das Verarbeiten von Erfahrung(en) und einen sehr klaren Blick auf sich selbst. Den hat Silke Krumbeck – plus eben all ihre Erfahrungen aus den rund 30 Jahren, in denen sie unzählige Menschen schon auf deren Wegen begleitet hat. Daraus hat sie mit „Frau Phönix“ ein lesenswertes Lehrstück gemacht. Das zeigt exemplarisch und schonungslos die Mechanismen jener Strukturen auf, die kaum anders als dysfunktional genannt werden können. Das Buch zeigt aber auch, wie unbeirrt Frau Phönix an ihren Hoffnungen festhält, eine wunderbare Tochter großzieht, sich entwickelt, beruflich erfolgreich wird und ihren Frieden mit der Macht narzisstischer Prägungen schließt.

Bestellen? Überall, wo’s Bücher gibt, beispielsweise bei bod.

 

Eine 15-Jährige erlebt Demenz hautnah. Und es hilft ihr

Wie sieht eine 15-Jährige einen Mann, der Bademeister war, 86 Jahre alt ist – und so dement, dass die Krankheit von Buchseite zu Buchseite immer schwerer wiegt? Das ist für mich der Kern des Romans „Der Bademeister ohne Himmel“ von Petra Pellini.

Coverbild von Bademeister ohne Himmel, Autorin Andrea Pellini. Im Hintergrund weihnachtliches Tannengrün.

Dass die beiden Haupt-Protagonist*innen auf je eigene Weise dem Tod ziemlich nahe stehen, war für mich dabei nie das Wichtigste: Die 15-jährige Erzählerin Linda, weil sie immer wieder Selbstmordgedanken hat. Und Hubert, der zeit seines Lebens Bademeister war, weil es eben so ist. Punkt. Und genau dieser lakonische Ansatz zeichnet für mich das Buch aus. Sprachlich überaus fein ziseliert – nichts Überflüssiges, an keiner Stelle. Wichtig ist die Beziehung der rund zehn Protagonist*innen untereinander – das ist es, was vor allem anderen zählt.

Als ich zu Ende gelesen hatte, war mein Fazit: Wenn ein Mensch stirbt, geht das Leben weiter. Nicht trotzdem, sondern einfach, weil es so ist. Für Linda fängt es  vielleicht gerade erst an – und Huberts hautnah erlebte Demenz hat für sie absolut nichts Bedrohliches, eher im Gegenteil. Die Überraschung kommt von unerwarteter Seite …

Ein feines Buch – in jeder Hinsicht. Übrigens auch gestalterisch – wer findet Huberts Spuren in den Kapitel-Auszeichnungen?

Bestellbar überall, wo es Bücher gibt. Oder direkt beim Rowohlt-Verlag hier.

 

Ekstase, Eigensinn, Älterwerden – und Neugierde …

Ach ja … Auch „Gelebter Eigensinn“ ist 2024 erschienen, Autorin: ich.

Coverbild des Buchs Gelebter Eigensinn von Maria Almana

Eigensinn hat tatsächlich oft auch etwas mit dem Älterwerden zu tun. Einer der Menschen, die da so grandios davon erzählen, welchen Stellenwert der Eigensinn in ihrem Leben hat, wie sie ihn leben und/oder sehen, ist mittlerweile leider schon gestorben: Die grandiose Malerin Etelka Kovacs-Koller. Sie war „mad for art“, bekennend eigensinnig, trieb mich an die Grenze dessen, was (noch) Eigensinn ist – und was nicht. Es ging ihr um Kunst, Eigensinn. Und Ekstase. Doch sie ist nicht die einzige, die in diesem Buch zu Wort kommt und „70plus“ ist. Auch ich (60plus) erzähle von meinem Weg des Eigensinns … und der hat definitiv was mit dem Älterwerden zu tun.

Für wen könnte das Buch geeignet sein?

  • Für alle, die sich für die Lebenswege völlig unterschiedlicher Menschen interessieren. Und zwar Wege, die es eigenmächtig zu definieren, zu gestalten, zu finden gilt. Nicht immer allein für sich, keineswegs zufällig oft auch „im Dienst von anderen.“
  • Für alle, die sich fragen: Was hat es mit diesem Eigensinn denn nun auf sich?!  Könnte er mir vielleicht auch nützlich sein? (Trigger: Er ist eine Option der Selbstermächtigung – und in dieser Hinsicht hat er natürlich ganz und gar nichts mit dem Älterwerden zu tun …)
  • Für alle Menschen mit ganz viel Neugierde …

Kann überall bestellt werden, wo es Bücher gibt – mehr zum Buch plus Bestellmöglichkeit hier.


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ohne KI erstellt.
Geschrieben, fotografiert und gestaltet von Maria Al-Mana – es sei denn, es steht was anderes dabei
der BuchhebammeTexthandwerkerin und Mit-Initiatorin der Plattform Blogs 50plus. 

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