Mehrgenerationenhaus – was genau ist das bitte?!

Mehrgenerationenhaus – was genau ist das bitte?!

Ich bin gerade mitten im Thema … So gesehen, kann man den hier folgenden Beitrag auch als Fortsetzung von „Wohnprojekte für ältere Menschen – Achtung: viele Fragen!“ lesen. Denn eine der dringendsten Fragen, die ich mir beim Schreiben des ersten Beitrags dauernd stellte, war: Was sind eigentlich Mehrgenerationenhäuser? Was bedeutet das genau? Habe ich da vielleicht die ganze Zeit schon was falsch verstanden?

Ich fürchte: Ja! Das habe ich wirklich bisher falsch verstanden. Ich bin gemeinsam mit Großeltern, Schwester und einer Tante gemeinsam aufgewachsen. Alle zusammen in einer großen Wohnung – zumindest die meiste Zeit … Genau das war für mich „Mehrgenerationenwohnen“. So habe ich das auch immer erzählt. Und es dauerte einige Jahrzehnte, bis mir klar wurde: Nö, stimmt alles gar nicht!

Was ist denn dann richtig?

Zunächst einmal ist eine grundlegende Unterscheidung wichtig: Es gibt private Mehrgenerationenhäuser. Und welche in Trägerschaft von Vereinen, Kirchengemeinden, kommunalen Verbänden, Diakonie oder Caritas, Nachbarschaftsinitiativen und sozialen Einrichtungen wie Kinderdörfern, Träger offener Kinder- und Jugendarbeit, den Landfrauen, diversen Wohlfahrtsverbänden, Freiwilligendiensten, aber auch von Firmen und Privatunternehmen. Nicht selten arbeiten diverse Träger gemeinsam am jeweiligen „Projekt Mehrgenerationenhaus.“

Diese Unterscheidung ist vor allem darum wichtig, weil sich genau hier das Missverständnis verbirgt, dem ich aufgesessen bin: Wer das Mehrgenerationenhaus als reinen Wohnort versteht, an dem mehr als eine Generation unter einem Dach lebt, wird sich erstaunt die Augen reiben, wenn er sich plötzlich unter dem bundeseinheitlichen Logo (siehe Bild) mehr oder weniger in einer Bildungs- und Begegnungsstätte wiederfindet. In der es zu allem Überfluss oft noch nicht mal um das gemeinsame Wohnen, sondern eben wirklich in erster Linie um Bildung geht. Verwirrend, oder?

 

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Dahinter steht das Bundesprogramm „Mehrgenerationenhaus. Miteinander – Füreinander“ des Bundesministeriums für Familie, Frauen, Senioren und Jugend. Das will „mithilfe der Mehrgenerationenhäuser dazu beizutragen, gute Entwicklungschancen und faire Teilhabemöglichkeiten für alle in Deutschland lebenden Menschen und damit gleichwertige und bessere Lebensverhältnisse in allen Gebieten Deutschlands zu schaffen.“ Das gilt zwar ausdrücklich „in gleicher Weise für die strukturschwachen als auch für die strukturstarken Regionen.“ Allerdings liegt durchaus ein Fokus auf eher strukturschwachen Regionen: Es sollen „mithilfe der Mehrgenerationenhäuser bessere und nachhaltige Strukturen des freiwilligen Engagements in strukturschwachen und ländlichen Regionen“ auf- und ausgebaut werden.

Schwerpunkt: die „Teilhabe“. Für alle

Dabei geht es auch um demografische, gesellschaftliche und soziale Aspekte: „Die Mehrgenerationenhäuser sollen zu einem starken gesellschaftlichen Zusammenhalt in einer teilhabeorientierten Gesellschaft beitragen.“ Durch solche Angebote sollen außerdem „möglichst viele Menschen an den technischen und digitalen Fortschritt“ herangeführt werden. „Insbesondere älteren Menschen soll so zu mehr Teilhabe verholfen werden, damit sie möglichst lange aktiv und selbständig bleiben können.“

Konkret sieht das so aus: „Unterschiedliche Generationen können sich hier begegnen, voneinander lernen, aktiv sein und sich für die Gemeinschaft vor Ort stark machen. Charakteristisch für alle Häuser ist der ‚Offene Treff‘ als erste Anlaufstelle und Ort für die niedrigschwellige, generationenübergreifende Begegnung und Beteiligung.“

Mehrgenerationenhäuser mit dem oben gezeigten Logo sind also in erster Linie als Begegnungsstätten konzipiert. Gleichwohl gibt es einige Häuser, in denen auch Wohnungen angeboten werden. Den Schwerpunkt des „Projekts Mehrgenerationenhaus“ bilden sie jedoch so gut wie nie.

Der Begriff „Mehrgenerationenhaus“ ist nicht geschützt

Was ich gerade beschrieben habe, ist sozusagen die „politische Definition“ des Wortes Mehrgenerationenhaus – stammt das Ganze doch von einem Bundesministerium, das derartige Projekte auch auf vielerlei Weise fördert. Mehr darüber – und über die diversen Fördermöglichkeiten – hier: https://www.mehrgenerationenhaeuser.de/

Wie missverständlich der Begriff sein kann, fiel aber offenbar nicht nur mir auf … Zur besseren Begriffs-Unterscheidung gibt es beispielsweise Pflegedienste, die schon seit längerem vorschlagen, stattdessen das Wort „Mehrgenerationen-Wohnen“ zu verwenden. Hat sich offenbar nicht durchgesetzt. Kommt mir auch ein wenig umständlich vor. Und nicht unbedingt nötig, denn das Wort Mehrgenerationenhaus ist ja zum Glück kein geschützter Begriff. Darum können sich Familien durchaus ganz privat diesem Thema zuwenden – mit ihrer jeweils eigenen Definition, ihren Möglichkeiten, Ideen und Wünschen für IHR Mehrgenerationenhaus. So, wie wir damals …. Auch, wenn es nur eine Wohnung war.

Dass sich Familien mit solchen Gedanken beschäftigen, geschieht immer häufiger. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Es spart Geld, man kann sich gegenseitig helfen – bei der Kinderbetreuung, in der Haushaltsführung, in Urlaubszeiten und vielen anderen Bereichen. Viele ältere Menschen wollen ihren Lebensabend nicht in Senioren- oder Pflegeheimen verbringen und geraten mit dem Wohnen im Mehrgenerationenhaus auch nicht in die Gefahr zu vereinsamen – kurz: Jede Generation hat der anderen eine Menge zu geben. Es gibt wirklich kaum Gründe, die gegen das gemeinsame Wohnen im Mehrgenerationenhaus sprechen – vorausgesetzt, man versteht sich untereinander gut.

Trotzdem ist der wichtigste Grund, der dagegen sprechen kann, gravierend. Und das ist die Frage:

Wo finde ich eine geeignete Immobilie?

Hier ist der wichtigste Punkt, dass das Haus – so es denn wirklich eines ist – ausreichend Platz bieten sollte. Idealerweise bietet ein Mehrgenerationenhaus mehr als einen Eingang – mit eigener Tür und getrennten Schlüsseln. Es hat mehrere Wohnzimmer, Bäder, Küchen und Pkw-Stellplätze. So kann jede:r auch mal allein sein. Doch mindestens genauso wichtig ist der gemeinsame Aufenthaltsbereich – für alle. Und so groß wie möglich.

In Bestandsimmobilien von Innenstädten ist so etwas allenfalls dann zu finden, wenn sich bisherige Einzelwohnungen – neben- oder übereinander – kombinieren lassen. Fast utopisch, wo doch schon eine einzelne Wohnung so schwer zu finden ist! Da bleibt eigentlich nur der Weg, in ländliche Räume auszuweichen, auf alte Rest- und Bauernhöfe beispielsweise. Das hat oft den Nachteil, dass hier mit hohen Renovierungskosten zu rechnen ist. Anbauten sind auch nicht überall erlaubt – da gilt es, erst einmal die Antwort auf den unbedingt notwendigen Bauantrag abzuwarten. Noch teurer wird das Ganze natürlich, wenn ein eigener Neubau geplant werden soll. Immerhin besteht damit die beste Chance, die Ideen und Wünsche aller Beteiligten tatsächlich umzusetzen. An dieser Stelle sollte also gemeinsam mal sehr ernsthaft  geprüft werden: Was ist uns das wert? Können wir uns das leisten?

Leider platzt an dieser Stelle tatsächlich für viele der Traum vom Mehrgenerationenwohnen. Doch: Bitte nicht gleich aufgeben! Es gibt auch noch

Andere Ideen und Möglichkeiten

Die habe ich hier mal versucht, zusammenzustellen. Wie wäre es beispielsweise mit dem Leben auf einem Bauernhof für ältere Menschen, nach dem Modell der sogenannten „Green Care“? Ist in Deutschland noch nicht ganz so weit verbreitet wie beispielsweise in den Niederlanden, Norwegen, der Schweiz und Österreich. Kommt aber sicher noch … Diese und weitere Ideen und Anregungen findet ihr hier.

Text: Maria Al-Mana,

Logo: download Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und  Jugend, 

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