Vom (Un-)Wert der Arbeit….

Vom (Un-)Wert der Arbeit….

Unsere Arbeitswelt ist im Wandel…. Sagen alle. Stimmt auch. Ist aber noch viel zu vorsichtig formuliert. Ich denke: Sie bricht grad vollständig zusammen. Und das hat schrecklich viele Faktoren – und noch schrecklichere Auswirkungen. Die haben alle eine andere Geschichte, andere Ursachen. Meist liest man ja nur von jeweils einem Aspekt. Diese Aspekte aber summieren sich auf eine Weise, die mir große Angst macht:

  • Wer über 45 ist, findet nur selten wieder eine neue Anstellung.
  • Seit Jahrzehnten schon gilt: massiver Stellenabbau überall. Egal, wo man hinsieht.
  • Langzeitarbeitslose sind keineswegs nur die faulen, trinkfreudigen Menschen, die gar nicht arbeiten wollen – so wie uns das immer wieder weisgemacht werden soll. Nein: Die sind sehr oft (psychisch) krank, über 45 und komplett desillusioniert.
  • Wer Arbeit hat, bewegt sich keinen Millimeter mehr von der Stelle. Aus purer Angst vor Arbeitslosigkeit. 70 Prozent haben innerlich schon lang gekündigt, verharren einfach, bis es nicht mehr geht. Und es geht dann nicht mehr, wenn sie krank geworden sind. Oder Betriebsschließungen anstehen.
  • Sehr viele Soloselbstständige sind über 45, haben sich nur darum selbstständig gemacht, weil sie das als „letzten Ausweg“ sehen, um noch ein eigenes Einkommen zu erwirtschaften. Und dieses Einkommen ist skandalös: Wer nicht einem der „Kammerberufe“ (Ärzte, Anwälte etc.) angehört, liegt mit seinem Verdienst – nach Abzug aller Ausgaben – nicht selten unter dem gesetzlichen Mindestlohn.

Die Freiberufler….

  • Eine Meldung des Ministeriums für Wirtschaft und Energie: „Die Zahl der selbständigen Freiberufler ist zwischen 2016 und 2017 von 1,344 Millionen auf 1,382 Millionen Personen gestiegen – ein Gesamtplus von 2,8 Prozent. Darunter sind die technisch-naturwissenschaftlichen Berufe mit einem Plus von knapp vier Prozent auf nunmehr 261.000 Personen am stärksten gewachsen. Die rechts-, wirtschafts- und steuerberatenden Berufe folgen mit einem Anstieg von 365.000 auf 379.000 Berufsträger; dies entspricht einem Anstieg um 3,8 Prozent. Die Kulturberufe haben um knapp 3,8 Prozent zugelegt, ihre Zahl ist von 316.000 auf 328.000 Personen gestiegen.“ Innerhalb eines Jahres.
  • Solo-Selbstständige, vor allem in den „freien Berufen“, haben keine Lobby. Tarifverhandlungen oder gar verbindliche Lohnerhöhungen kommen natürlich nie vor, das liegt in der Natur der Sache, ist sozusagen der „Preis der Freiheit“. Doch sieht man da mal ein bisschen weiter, wird einem Angst und Bange: Wer weniger als den Mindestlohn erwirtschaften kann, rutscht gradewegs in die Altersarmut. Rund 12 Prozent aller Freiberufler können und wollen sich jetzt schon keine Altersvorsorge leisten, mehr und mehr – häufig freiberuflich – arbeitende Menschen sind nicht mal mehr krankenversichert. (Ja, das geht… auch wenn es eigentlich gesetzlich vorgeschrieben ist. Schätzungen gehen von rund 100.000 Menschen in Deutschland aus – und nein: Das sind nicht vorwiegend Flüchtlinge!)

Ehrenamt contra bezahlter Arbeit?!

Und dann kommt noch was Nettes: Der Wert der Arbeit verändert sich stetig, pendelt bedenklich zwischen „kostenloser“, „ehrenamtlicher“ und tatsächlich bezahlter Arbeit…. Das lässt sich schön am Beispiel der ehrenamtlichen Arbeit zeigen. Nehmen wir mal die häusliche Pflege. Ja. Fast immer geht es um nahe Angehörige, es ist keine „Arbeit“, sondern ein Dienst aus Liebe. Und trotzdem ist es – im weitesten Sinn – ehrenamtliche Arbeit. 2015 gab es in Deutschland 2,9 Millionen pflegebedürftige Menschen, 73 Prozent davon wurden zu Hause versorgt, 1,38 Millionen allein durch Angehörige.
Ich betone noch mal: Das geschieht in aller Regel aus familiärer Zusammengehörigkeit, in Dankbarkeit und Liebe. Und doch steckt ein Prinzip dahinter, das auch mal thematisiert werden sollte: Die 1995 eingeführte Pflegeversicherung war von Anfang an eine beitragsfinanzierte „Teilkaskoversicherung“, niemals eine bedarfsorientierte „Vollkaskoversicherung“. Das heißt, die vorgesehenen Versicherungsleistungen haben von Anfang an nur einen Teil der entstehenden Kosten abgedeckt, sollten immer schon die Pflege durch Angehörige bestenfalls ergänzen. Mit anderen Worten: Wir werden zu unentgeltlicher Arbeit geradezu gezwungen – oder müssen kräftig zuzahlen, wenn wir uns das denn leisten können (etwa mit einer Pflegekraft, die mit im Haushalt lebt, oder durch den Platz in einem Pflegeheim). Immer mehr von uns können das nicht. Also werden wir – gezwungenermaßen – auch mal eben noch nebenbei ehrenamtlich aktiv. Ich finde ja: Das ist eine besonders bösartige Angelegenheit, denn hier geht es um sehr emotionale Entscheidungen, da sind wir alle stark beeinflussbar…..

Prinzip „kostenlos“

Und was geschieht mit dem „Wert der Arbeit“, wenn ehrenamtlich erledigt wird/werden muss, womit andere Geld verdienen wollen, verdienen müssen?! Außerdem steht hier auch noch das schon oft thematisierte Phänomen im Raum, mit dem wir alle, die wir texten, verschlagworten, layouten, Grafik und content erstellen, Tipps und Ratschläge geben etc. schon immer zu kämpfen haben: Wenn es im Internet so vieles davon kostenlos gibt – warum soll dann dafür bezahlt werden?! Hier geht es um die Existenzgrundlage der meisten Freiberufler/innen. Oder von Pflegedienstleister/innen, in dem Fall sogar: egal, ob frei oder fest angestellt.

 

Wenn Menschen gegeneinander ausgespielt werden….

Der Wert der Arbeit sinkt und sinkt… Schlimmer noch: Da werden Gruppen von Menschen gegeneinander ausgespielt, die alle mehr oder weniger um ihr finanzielles Überleben kämpfen müssen:

  • häuslich Pflegende gegen (freiberuflich arbeitende) Pflegekräfte
  • kreative Freiberufler, die im Netz ihre Leistungen auf der Suche nach Kunden mindestens ab und an kostenlos publik machen müssen gegen sich selbst und all ihre Kolleg/innen. Denn eines Tages wollen/müssen wir für eben die Arbeit bezahlt werden, die wir (teilweise) schon kostenlos online stehen haben.
  • Angestellt Arbeitende durch drohenden Arbeitsplatzverlust gegen all jene, die sich als Selbstständige über Wasser halten müssen. Und umgekehrt.

Und über alldem schwebt die – leider mehr als berechtigte – Angst vor Altersarmut.

Wert der Arbeit?!

Nein, Arbeit wird nicht (mehr) geschätzt, schon gleich gar nicht in finanzieller Hinsicht. Da haben sich zwischen Ehrenamtlichkeit, Arbeit „auf Abruf“, Clickworking und „Kostenloskultur“ Fenster zu Verhandlungen und Arbeitsformen geöffnet, die uns allen größtmöglichen Schaden zufügen. Dabei gibt es nicht „den einen Schuldigen“ an diesem Prozess, da gibt es vor allem viel Not und Verzweiflung…. Gemeinschaft, Rücksicht und dergleichen sind schon lang auf der Strecke geblieben.

Das treibt dann beispielsweise so seltsame Blüten wie Kundenanfragen, die professionelle Arbeit von Freiberuflern auf „Beteiligungsbasis“ haben wollen – wie ich das hier beschreibe. Was ich da schildere, ist mir tatsächlich passiert, und zwar mehr als einmal. Und es ist ein besch…. Gefühl zu sehen, wie die eigene Arbeit derart gering geschätzt wird.

Ja, ich gebe zu: In mir steckt durchaus noch ein Teil Wut darüber, dass ich meine Festanstellung völlig unverschuldet verloren habe. Ein potentieller Kunde, der regelmäßig gutes Gehalt bezieht und mich derart geringschätzig behandelt, facht diese Wut sofort wieder an. Aber ich weiß auch, dass es nicht um böse Absichten geht… Sondern, dass hier ein strukturelles Missverständnis vorliegt, das vor allem durch den Verfall unseres Begriffs von Arbeit entstanden ist.

Wenn jemand eine Idee hat, was sich dagegen unternehmen lassen könnte: Ich bin dabei! Sofort!

 

Ich freue mich, wenn ihr diesen Beitrag in die Welt tragt ... danke!

22 Gedanken zu „Vom (Un-)Wert der Arbeit….

  1. ups, der Kommentar sollte eigentlich unter diesen Beitrag. 😉

    Liebe Maria,

    ich habe beide Beiträge und auch die Kommentare dazu gelesen. Danke dafür und bravo für die angenehme Diskussionskultur – die ist echt selten geworden.

    Zum Texten im Allgemeinen und als Freelancer im Teilzeit-Broterwerb kann ich einiges aus persönlicher Erfahrung sagen und habe das in meinem Mini-Blog bereits mehrfach „ausgeschlachtet“. Was für explosives Potential in diesem Thema steckt, zeigt sich daran, dass ausgerechnet solche Beiträge am meisten gelesen werden.

    So lange sich ein Heer an minderbegabten Quereinsteigern um minderbezahlte Aufträge minderwertiger Onlineprojekte (Faketestseiten, Linkbuilding-Magazine, Ratgeberblogs etc.) schlägt, wird sich an den Billigpreisen auch nichts ändern. Dummerweise schreiben eben auch talentierte Texter in Ermangelung besser zahlender Kunden im Niedrigbereich auf diversen Börsen und in fragwürdigen SEO-Schmieden.

    Diese „genialen“ Sparmodelle bleiben bei den Großen der Branche nicht unbeachtet und werden dankbar genutzt, anonym natürlich. Warum auch nicht, das Angebot ist ja da – denken die sich. Content ist eine billige Ware geworden, die Texte austauschbar, die Textersteller nichts mehr wert. So scheint es, auch wenn dieser Umstand gern von Berufstextern mit positivem Marketing negiert wird: „Ich behaupte, dass es mir gut geht, also kann es mir nicht schlecht gehen.“

    Oder wenn der Nachwuchs mit neuen Ideen aufrückt (das vom Papa bezahlte Wirtschaftswissenschaftsstudium noch ganz frisch in den Synapsen), sich sektenähnlich auf Facebook hofieren lässt und sogar Coachings mit kreuzgefährlichen Tipps für die breite Masse der noch weniger wissenden Freizeittexter anbietet. Nicht selten wohnen diese „Erfolgs-Profis“ noch im Kinderzimmer und sind über die Mama familienversichert. Vielleicht bin ich bloß neidisch? Nö, ich habe nämlich einen solchen Jungstar in der Familie, der tatsächlich was auf dem Kasten hat, aber bescheiden geblieben ist. Oder bin ich altmodisch? Das ja, ich benutze noch ein Tastenhandy und bin Smartphone-Verweigerer aus Prinzip.

    Na gut, der Sklaven-Aufstand der Texter ist also in vollem Gange, allerdings bekriegen diese sich untereinander und nennen das „Konkurrenzkampf“. Zum Glück kann man sagen, dass sich Qualität tatsächlich durchsetzt, es dauert nur eine Weile und ist nicht kalkulierbar. Also, krank werden darf man möglichst nicht. Die sich wie Götter aufspielenden Billig-„Auftraggeber“ sind dennoch längst nicht mehr meine Kunden, auch wenn ich gelegentlich trotzdem Cent/Wort-Aufträge bearbeite.

    Ok, anderes Thema: Ehrenamt.

    Ja, die Gesellschaft verlässt sich darauf, und die Gesellschaft bezahlt auch dafür – in Form von Spenden und Sponsorengeldern. Nicht der Staat, nicht die Politiker! Die deklarieren das ach so wichtige Ehrenamt als selbstverständliche Bürgerpflicht, weil es für diese Arbeit nämlich gar keine „Arbeitsplätze“ gibt. Ehrenamt hat aber nichts mit unbezahltem Freizeitvergnügen oder lustigem Hobby zu tun, dessen Kosten und Auslagen gefälligst aus der eigenen Tasche und mit dem Verdienst des Broterwerbs bezahlt werden sollen. Doch genau diese Vorhaltungen und Forderungen habe ich letztens erleben müssen. Von wem? Von Textern – echt wahr!

    Ich bin seit 7 Jahren ehrenamtlich als Klinikclown tätig. Dafür ging jahrelang meine komplette Freizeit sowie eine ganze Stange Geld drauf. Irgendwann habe ich mich ausgenutzt gefühlt (von den Krankenhäusern, vom Staat und vom Verein) und die Auftrittstermine in den Kliniken drastisch reduziert – von monatlich 4-6 auf 1-2. Es gibt Vereine, die ihren hauptberuflich tätigen Klinikclowns 60-€-Stundensätze oder Auftrittspauschalen von etwa 150 € zahlen können (finanziert aus Stiftungs- und Sponsorengeldern), unserer gehört nicht dazu. Wir kämpfen um jeden Cent Spendengeld, um die Auslagen finanzieren und den aktiven Klinikclowns eine magere Ehrenamtspauschale für die jährlich 120 vier- bis achtstündigen Einsätze in den Kinderkliniken zahlen zu können. Allein das Spendenmanagement wäre ein Vollzeitjob und ist ehrenamtlich nicht zu wuppen. Aber wer sollte eine Bürokraft bezahlen?

    Erst seit kurzem verdiene ich mit meinem Können als Zauberclown und mit Ballonmodellage tatsächlich etwas Geld – als Zauberclown über diverse Künstleragenturen. Ein willkommener Ausgleich zur Texterei und zum Ehrenamt. Nun kommt’s! Vorigen Monat habe ich im Auftrag des Vereins einen Spendenprojekt (für die „lächerliche“ Summe von 1.700 €) bei Betterplace gestartet. Hat mich zwei unbezahlte Arbeitstage gekostet und anschließend noch ganz viele Nerven. Kurz nach Veröffentlichung wurde das Projekt mit übelsten Trollkommentaren, unter anderem aus der „Texterszene“, torpediert und schließlich vorzeitig vom Verein abgebrochen. So viel Bösartigkeit, Missgunst und Schädigungswillen einem Ehrenamt gegenüber hätte ich im Leben nicht für möglich gehalten!

    Hier nachzulesen (über 70 Kommentare): https://www.betterplace.org/de/projects/55634-leipziger-klinikclowns-schenken-kranken-kindern-ein-lacheln

    Jeder andere hätte hingeschmissen – ich mache weiter. Als Klinikclown für kranke Kinder, als Zauberclown UND als Texter.

    Entschuldige den langen Kommentar – das lag und liegt mir auf der Seele.

    Liebe Grüße, Claudia

    1. Liebe Claudia,
      ganz herzlichen Dank für die selbst „erlittenen“ Beispiele – und deine Ausführlichkeit! Ja, dein betterplace-Beispiel ist wirklich schwer zu verkraften! Fast glaube ich, wir sollten aus unseren Erfahrungen ein Buch machen… (aber wer sollte das finanzieren?!)

      Ich wünsche dir ganz viel Kraft und Freunde, als Clown wie als Texterin (und was dir sonst noch so einfallen mag…. Auch das ist ja ein schwieriger Punkt: Wir müssen uns immer neue Strategien ausdenken, ausfechten, umsetzen, um irgendwie überleben zu können…)

      Mit herzlichen Grüßen
      Maria

  2. Sehr interessanter und nachdenklich machender Beitrag mit viel Debattenstoff, Kompliment, liebe Maria!

    Keine Frage ist unsere Arbeitswelt massiv im Umbruch – und es ist eine Frage an die Politik, in solchen Zeiten vorausschauende, wenn nicht sogar visionäre Konzepte zu verwirklichen und sich zu überlegen, inwieweit man Menschen schützen will. Leider, sage ich mit der Sicht aus dem Ausland, hat Deutschland seinen Reichtum und seine Exportmachtstellung dadurch erwirtschaftet, dass es im Prinzip zum Billiglohnland wurde und viele Bestimmungen aufgeweicht hat, die einst Arbeitnehmer schützten. Ich lebe im Nachbarland, wo man für solche Anliegen sofort auf die Straße geht und oft die Politik zum Umlenken zwingt – was ich gar nicht übel finde.

    Ich kann allerdings deine Klagen über Freiberufler, kreative Berufe und speziell das Alter eher weniger nachvollziehen. Vielleicht denkst du da zu sehr am Schreiben entlang?
    Tatsache ist, dass es genügend freie Berufe gibt, etwa in der Werbung, die nicht über ihr Einkommen jammern müssen – und mit wachsender Erfahrung (=Alter) auch in den Honoraren steigen. Steigende Zahlen von Freiberuflern z.B. in der Wissenschaft bedeutet nicht im Umkehrschluss, das da Arme produziert werden. Sondern vielleicht eher, dass man auch in diesen Berufen mobiler wird, mehr projekt- als firmenbezogen denkt. Und es gibt Berufe, in denen werden händeringend sogar Rentner wieder herangebeten, weil die entsprechend qualifizierten Fachkräfte fehlen!
    Leider ein ganz großes Problem vieler Langzeitarbeitsloser: fehlende oder veraltete Qualifikationen.

    Gerade als Freiberuflerin erlebe ich ein gewisses Alter als Segen. Ich lasse mir mit 50+ längst nicht mehr all das bieten, was ich in naiven jungen Jahren gemacht habe, weil ich glaubte, man müsse das. Und so kann ich mir auch vorstellen, dass selbst die Polin, die zur Altenpflege in ein anderes Land kommt, sich nicht mit Ehrenamt abspeisen lässt, nach dem Motto „würdest du doch bei deiner Mutter auch umsonst tun“. Nö, die muss nämlich eine ganze Familie damit ernähren.

    Ja, das Ausnutzen und die verringerte Wertschätzung nehmen leider in allen Branchen zu („Geiz ist geil“ schadet nachhaltig). Auf der anderen Seite ist Mobilität aber immer auch eine Chance.

    1. Liebe Petra,
      klar denke ich zu sehr am Schreiben entlang!!! Das ist mein Metier. Und soll es bitte auch bleiben. Ich hab wirklich schon ziemlich vieles in meinem Leben umgekrempelt… Aber ich wollte noch nie in der Werbung arbeiten. Und Wissenschaftlerin werde ich sicher auch nicht mehr, zumindest nicht im „klassischen Sinn“. Was ich dagegen gut nachvollziehen kann, ist das „Ich werde älter und lasse mir nicht mehr alles bieten!“ Das sehe ich schon fast als Résumé meines Beitrags, danke dafür!

      Herzlich
      Maria

    2. Liebe Petra,

      Du schreibst: „Tatsache ist, dass es genügend freie Berufe gibt, etwa in der Werbung, die nicht über ihr Einkommen jammern müssen – und mit wachsender Erfahrung (=Alter) auch in den Honoraren steigen.“

      Das entspricht – ohne zu „jammern“ – nicht meiner Erfahrung. Als normale, seit 1990 freiberuflich arbeitende „Gebrauchsgrafikerin“, die fleißig, fundiert und kompetent arbeitet, erlebe ich in der zweiten Hälfte meiner 50er keine steigenden Honorare und auch keine steigende Wertschätzung meiner beträchtlichen Erfahrung.

      Aber, wie jemand anders hier schreibt, es kommt natürlich immer auf den Blickwinkel an… Ich wollte es nur angemerkt haben.

  3. Ich denke, gegen die beschriebenen Tendenzen lässt sich nichts tun, es wird eher noch schlimmer werden als besser. Die Umverteilung von unten nach oben ist ja nicht etwa gestoppt – und gewiss wird es noch dauern, bevor „der Kapitalismus an seinen Widersprüchen“ untergeht. Und wenn das passiert, wird es nicht etwa angenehm sein…

    Wie darauf reagieren? Für mich bedeutet es immer schon, möglichst bescheiden zu leben, um mich – auch in besser verdienenden Phasen – nicht an einen Lebensstandard zu gewöhnen, den ich dann beim Wegfall schmerzlich vermisse.
    Zum Glück bedeutet mir materieller Wohlstand nicht viel – wobei das natürlich relativ ist, verglichen mit vielen Menschen auf dieser Welt gehts mir ja blendend.
    Dennoch: wenn der Abstand zur (sicher!) kommenden Altersarmut nicht sehr groß ist, tut es weniger weh – und solange ich tippen kann, seh ich sowieso keinen Grund, mit dem Arbeiten aufzuhören. Weder mit den Brotjobs noch mit den freiwilligen Arbeiten.

    Eine Möglichkeit neben dem Bezahlt-werden ist auch der Leistungstausch – gelegentlich mache ich sowas, vornehmlich mit Menschen, die ich ein bisschen kenne.

    Die „Kultur des Kostenlosen“ hat ja im übrigen durchaus zwei Seiten. Wir partizipieren auch fast alle irgendwie davon: kostenlose Bilder, WordPress-Themes, viele hilfreiche Tools – und nicht zu vergessen die wahnsinnig fortgeschrittene Möglichkeit, sich blitzschnell über fast alles zu informieren, was gerade interessiert – oder auch wirklich gebraucht wird! Würde man das alles in Geld bezahlen müssen… ginge gar nicht, wir wären sehr viel ärmer!

    Dass wir dafür Daten abgeben und Werbung gezeigt bekommen, stimmt – aber auch nicht überall und immer. Und ganz ehrlich: mit mir macht niemand so viel Geschäft, dass es in Euro gerechnet dem entsprechen würde, was ich von der Welt des Kostenlosen bekomme!

    Kommt also alles auch ein bisschen auf den Blickwinkel an…

    1. Liebe Claudia,
      puh!!! Meine Antwort ist sooo lang geworden, dass ich unsere Diskussion demnächst als Beitrag fortsetzen werde… Darum: Schon mal vielen Dank. Und bitte noch ein bisschen Geduld. Merci!
      Herzliche Grüße
      Maria

        1. darfst du auch… Die Diskussionen mit dir wecken immer mal wieder meine programmatische Ader 😉 Aber auf gute Weise. Ich freue mich darüber. Mehr ab morgen in diesem Theater…
          Danke schon mal!
          Herzlichen Gruß
          M.

    2. Sehr guter Aspekt, Claudia Berlin! Und es entsteht ja auch längst eine neue Sharing-Kultur des „Social Entrepreneurship“: Man bildet Arbeitsgemeinschaften mit ausgesuchten Leuten, wo sozusagen virtuelle Honorare verrechnet werden. So kann man zu mehreren auch preiswerter Gemeinschaftsbüros mieten, Maschinen leasen oder außenstehende Freiberufler wertschätzend bezahlen.

  4. Pingback: Freiberufler und Freiberuflerinnen haben große Stärken. Nutzen Sie sie!
  5. Wäre es nicht herrlich, wenn wir alle ein bedingungsloses Grundeinkommen erhielten und jede/r frei entscheiden könnte zu welchen Bedingungen die eigene Zeit, Kreativität und Schaffenskraft anderen Menschen zugutekommt?
    Utopische Grüße aus dem Garten 🙂

    1. Oja!!! Du sagst es: HERRLICH!
      Und ich bin sicher, dass dann alles andere als die „allgemeine Faulheit“ ausbricht….
      Aber leider hat sich das noch immer nicht so ganz rumgesprochen. Könnte aber vielleicht doch noch, wer weiß….

      Lass uns weiter hoffen!
      Herzlichen Gruß
      Maria

  6. Liebe Maria,

    ich würde Dir gern einen Rat gaben. Kann ich aber nicht.

    Ich bin froh, dass ich im öffentlichen Dienst arbeite mit einem unbefristeten Vertrag. Der Verdienst ist vielleicht nicht so hoch wie in der freien Marktwirtschaft, aber der Arbeitsplatz relativ sicher. Das weiß ich sehr zu schätzen.

    Manchmal denke ich auch, ich wäre lieber frei in meiner Entscheidung. Aber nur manchmal.

    Dann lieber die sichere Bank.

    Liebe Grüße Sabine

    1. Ach Sabine, du bist wirklich lieb – danke!

      Ich weiß schon: Es hat alles Vor- und Nachteile…. Aber aus meiner Festanstellung bin ich nach einem sehr schmerzhaften Mobbingprozess raus… hab mich lange gar nicht getraut, dieses furchtbare Wort überhaupt auszusprechen. Das minimiert meine Lust auf Festanstellung deutlich. Dagegen ist Freiberuflichkeit eindeutig besser. Aber sicher nicht in allen Punkten. Nun ja, es kommen auch wieder andere Zeiten. Und Sichtweisen… Im Moment überwiegt grade dieses Erschrecken über unsere Arbeitswelt – und das musste halt mal raus.

      Herzliche Grüße
      Maria

  7. Beeindruckend und klasse wie Du das schreibst!!!! Ja und nochmal ja, Du hast auch aus meinem Verständnis heraus völlig recht! Nur viele haben Menschen Angst (Angst fressen Seele auf) und artikulieren sich nicht so offen wie Du!
    Mich macht es immer wieder betroffen wenn ich beispielsweise auf Facebook die vielen Solo“preneure“ (vornehmer Ausdruck für fast Armutsgrenze) sch immer wieder sich so darstellen, als würden sie im Erfolgsrausch sein. Ja, die Wirklichkeit ist etwas deftiger!
    Ich finde auch, dieses Thema Ehrenamt ist sehr bedenklich, weil da unsere Kompetenzen kostenlos genutzt werden. Du hast das ja beschrieben. Ich bin aus Freude an Kindern und dem Nichtvorhandensein von eigenen Enkelkinder gerne Leihoma. Aber welch ein Erstaunen und fast schon Empörung, daß ich Geld dafür haben will. und zwar nicht € 10,00, weil schon jede Putzfrau ca € 14 bekommt (also hier im Rhein-Main-Gebiet). Geputzt habe ich während meines Studiums, das mag ich heute nicht mehr!Und so weiter und so fort. Du sprichst zu Recht von Geringschätzigkeit, ich von Arroganz. Und zwar der Arroganz derjenigen, die derzeit die vermeintlichen „Macher“ sind, also im Job und aus ihren gut bezahlten Tätigkeiten heraus diktieren wollen, wie das dann über mieses Honorar georderte Personal zu funktionieren hat.
    Liebe Maria, danke für Deinen Eintrag und ich verrate Dir tatsächlich bald mehr von meinem Blog, der heiß im Aufbau ist. Liebe Grüße :)) und ein schönes Wochenende

    1. Liebe Angelika,
      ganz herzlichen Dank für deinen Kommentar! Und jetzt hast du mich wirklich neugierig gemacht… Mit anderen Worten: Ich bin sehr gespannt auf deinen Blog!

      Hab ein schönes Wochenende!
      Herzlichen Gruß
      Maria

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