Zu viel. Zuviel!

Zu viel. Zuviel!

Blogs sind Hobby und Lieblingsbeschäftigung. Manchmal werfen sie sogar Geld ab. Alles ganz easy und einfach. Hab ich gelesen. Sagen viele. Oder besser: Damit ermutigen sich viele immer wieder selbst. Immer wieder neu. Stets neu belebte Hoffnung.

Wenn Menschen andren Menschen helfen können, kommt etwas in Bewegung. Da entsteht Hoffnung. Für alle. Hab ich gespürt. War eine Zeit lang so. Wirklich. Jetzt halten sich die, die so enthusiastisch aufgebrochen sind, um den Flüchtlingen zu helfen, an dieser Hoffnung fest. Ich auch. Auch ich glaube, dass Menschlichkeit der einzige Weg ist. Aber schwer ist es inzwischen geworden. Sehr schwer. Für alle, die an ihrer Hoffnung festhalten wollen.

Boot. Gestrandet
Gestrandet? Wo ist Hoffnung?

Viele betreiben einen Blog, schon viel länger als ich. Und viele fragen sich inzwischen öffentlich, ob und welchen Sinn es macht, in Zeiten des Terrors ein Blog über Mode, Einrichtung, das Schreiben zu betreiben. Oder über das Älterwerden. Susanne Ackstaller hat hier eine wunderbare Antwort gefunden: Haltet an der Liebe fest. Sonst ist alles schon verloren. Das glaube ich auch. Ja, ich will an der Liebe festhalten. Aber ich nehme auch wahr, dass einige sehr engagierte Menschen in meinem Netz-Umfeld einfach verstummen. Klick. Schalter aus. Es ist zu viel.

Ich will an der Hoffnung festhalten. An der Liebe und der Hoffnung. An der Selbst-Ermutigung, über Sichtbarkeit nachzudenken. Daran, dass ich vielleicht gar Mut machen kann. Obwohl ich selbst schon täglich mehr Mut brauche, all das zu schreiben, was ich schreibe. Wobei ich immer die Sorge habe: reicht es? Nein. Es reicht nie.

Muss ich jetzt immer schneller werden, täglich posten? Immer lauter, noch persönlicher, noch ehrlicher werden? Bin ich selbst noch immer nicht sichtbar genug? Nein. Es ist nie genug. Nie laut, nie deutlich, nie mutig genug.

Hilfe! Tu was!

Das ist vermutlich immer so. Mir geht es nicht um Klickzahlen. Mir geht es um Intensität. Vermutlich ist das ein Kampf, den alle Blogbetreiber/innen immer schon ausgefochten haben. Ich starte ja gerade erst. Da ist es sicher immer am schwersten. Aber ich starte in Zeiten des Terrors. In Zeiten, in denen mir alles entgegen schreit: HILFE! Tu was!!!

Ich hab mein Facebook-Bild nicht in den französischen Farben eingefärbt. Denn Terror ist weltweit. So viele Nationalfarben kann ich gar nicht in einem einzelnen Bild unterbringen. Viel zu viel, viel zu grausam. Krieg allenthalben. Ich bin nicht der Meinung, dass Krieg mit Krieg beantwortet werden sollte – das macht alles nur schlimmer. Und Nutzen aus Kriegen haben immer nur Kriegstreiber, Kriegsgewinnler, Waffenhändler… Das ist nicht Neues. Könnten wir schon lang gelernt haben.

Ich leiste keine aktive Flüchtlingshilfe (außer einigen Geldspenden). Denn ich habe Angst vor dem weiteren Schicksal geflüchteter Menschen. Mit dem Ankommen ist es nicht getan. Es hängt das ganze restliche Leben dran – und das ist voll mit Schmerz, Entwurzelung, Heimat- und Orientierungslosigkeit. Ich weiß das, denn ich komme aus einer Familie voller Flüchtlinge. Ich hatte aber von Anfang an auch Angst vor dem Punkt der Enttäuschung. Wenn die Helfenden selbst Kraft und Hoffnung verlieren – dann kippen manche Perspektiven plötzlich.

Der Terror hat die Flüchtlingswelle hervorgebracht. Niemals anders rum. Das ist eine Diskussion, auf die ich mich bestimmt nicht einlasse. Terror ist Terror. Punkt. Da gibt es nichts zu diskutieren. Und doch: Auch dann ist es zu viel. Viel zu viele Themen, Aspekte, Wenn-Danns, Stellungnahmen. Es gibt so viele Möglichkeiten zu helfen, Stellung zu beziehen, sich einzumischen, zu diskutieren, sich zu positionieren. Viel zu viele.

Menschlichkeit und Liebe

Ich kann mich nicht mehr konzentrieren. Wenn ich mich nicht konzentrieren kann, komme ich einem Thema nie so nahe, dass ich Stellung beziehen kann. Ich will aber Stellung beziehen. Aber ich sehe mich außerstande, auch nur auszuwählen, welches der viel zu vielen grade gleichzeitig brennenden Themen ich näher in Augenschein nehmen sollte. Darum verstehe ich all jene, die „abgeschaltet“ haben, sehr gut. Doch das ist keine Option für mich. Ich will Stellung beziehen.

Am Ende bleibt vermutlich nur der jeweils größte Wert. Der, den es sich vor allem zu verteidigen lohnt. Menschlichkeit und Liebe sind für mich zwei Bezeichnungen für eben jenen Wert, der mir am wichtigsten ist. Daran will ich festhalten. Aber ich brauche mittlerweile schon meine ganze Hoffnung, um allein das hinzukriegen. Und selbst da sehe ich eine Gefahr: Die Gefahr, sich über dem ZUVIEL in der Hoffnungslosigkeit zu verlieren. Und am Ende ganz stumm zu werden. Aus Erschöpfung, aus Hoffnungslosigkeit, durch Verzweiflung über dem Zuviel.

Ich freue mich, wenn ihr diesen Beitrag in die Welt tragt ... danke!

4 Gedanken zu „Zu viel. Zuviel!

  1. Mir ist es gerade zu viel. Die Worte bleiben mir im Hals stecken, und ich kann dazu nichts schreiben. die Finger wollen einfach nicht. Der Kloß sitzt zu tief im Hals…

    Ich werde aber NICHT meinen Blog still legen und gar nichts mehr von mir geben.

    LG Sabine

    1. Liebe Sabine, manchmal ist es gut, man hat etwas Schönes. Um sich dran festzuhalten. Und zwar GRAD dann, wenn alles nicht schön ist…. Und du hast ganz viel Schöens – das meine ich keinswegs nur im materiellen Sinn. Woher ich das weiß? Weil ich dein Blog kenne…
      Lieben Gruß
      Maria

  2. Liebe Maria,

    jajaja … Ich melde mich derzeit auch nur punktuell, und zwar wenn etwas emotional aus dem Ruder läuft. Die Nachrichten vom Pariser Attentat machten mich sprachlos oder besser „schreiblos“ – aus Wut und Verzweiflung wegen der Sinnlosigkeit.

    Tiefe Erschütterung erzeugt nach meiner Beobachtung – insbesondere bei Facebook – neben Schmerz und Angst zudem Barrieren im Denken, bestimmt nicht ohne Auswirkung aufs Handeln bzw. Schreiben. Ich mochte schon gar nichts mehr lesen. Inzwischen sind Posts und Kommentare wieder durchdachter, souveräner, einladender zum tieferreichenden Austausch, nicht nur „so ist es“ und „basta“.

    Deine Beobachtung, dass es auf und um Lifestyle-Blogs etwas stiller geworden ist, mag zutreffen. Wenn, dann denke ich, nur für eine kurze Zeit … Mein Blog besteht erst seit etwas über einem Jahr. Die Leserschaft wächst zwar langsam, doch stetig, auch wegen meiner GastautorInnen zu meinem Lieblingsthema … Das wird auch bei Dir so kommen. Eine Blogparade ist bestimmt noch wirkungsvoller!

    Und ganz herzlichen Dank für Deinen Kommentar 😉
    Alles Liebe
    Evelyn

    1. Liebe Evelyn, an sich ist Nachdenken ja nun wirklich nichts Schlechtes…. Nur: Wenn so ein lähmendes Etwas (bei mir eben dieses „zu viel, zu viel!“) eintritt, ist es wirklich ernst. Glaube ich jedenfalls.

      Dir auch alles Liebe!
      Maria

      (Und eine Blogparade steht durchaus noch auf meiner To-do-List…. Im Moment heisst die Priotität aber vor allem: Vernetzung.)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner