German Glück: Mindestens drei gute Gründe, um glücklich zu sein

German Glück: Mindestens drei gute Gründe, um glücklich zu sein

Zugegeben: Ich bin ein bisschen befangen. Denn Sabine Eichhorst gehört zum gleichen Netzwerk wie ich, dem texttreff. Da gibt es viele Frauen, die extrem gut schreiben können. Sabine natürlich auch, schließlich schreibt sie seit 1993 Sachbücher, Memoirs und Belletristik. Sie arbeitete außerdem viele Jahre als Radiojournalistin für verschiedene ARD-Sender und wurde für ihre Features und Reportagen 2002 mit dem CIVIS-Medienpreis und 2011 mit dem Herbert-Quandt-Medienpreis ausgezeichnet. Glück? Ganz sicher nicht. In diesem Fall geht es um pures Können, um Handwerk und Ausdauer.

German Glück, Buchempfehlung, Bücher schreiben, Sabine Eichhorst

Foto: www.books.google.com

Es geht um essentielle Fragen

Und, ja: Ich kenne auch einige der in „German Glück“ Porträtierten, zumindest dem Namen nach. Aber man erfährt nirgendwo so viel über andere Menschen, als in einem komprimierten Gespräch mit einer guten Journalistin. Erst recht, wenn es um um so essentielle Fragen geht wie die nach dem Glück in der eigenen Biografie.

[bctt tweet=“Essentiell?! Ja. Glück ist was Essentielles. “ username=“@texthandwerk“]

Vermutlich hätte ich das Buch auch gekauft, wenn mir der Name Sabine Eichhorst gar nichts gesagt hätte. Zu intensiv hab ich mich mit dem „Made in Germany“ beschäftigt, zu erschrocken war ich über den scheinbar unverrückbaren Begriff „German Angst“. (Wer sich für dieses Thema interessiert: Ich hab grade einen guten Beitrag zum Thema von Anne Ritter für die Edition F gefunden) Und viel zu hellhörig bin ich mittlerweile gegenüber allem, was auch nur entfernt nach „Heimat“ riecht. Völlig zu Unrecht, ich weiß es wohl. Ganz und gar nicht jeder Mensch, der „Heimat“ sagt, steht gleich in der politisch rechten Ecke … Und genau das ist

Grund Nummer 1, warum mich dieses Buch glücklich macht

Weil „German Glück“ sehr wohl was mit Heimat zu tun hat. Auch, wenn das nirgends ausdrücklich thematisiert wird. Heimat ist zum Beispiel das Angekommensein, das Verwurzeltsein, Gefundenhaben, Bleibenwollen, Wohlfühlen. Glück ist das alles auch – viel zu sehr allerdings oft auf eine allumfassend große, manchmal fast abstrakte Art. Doch in Kombination mit dem „german“ sieht das plötzlich ganz anders aus: Da wird es auf einmal zum regionalen Angekommensein, Verwurzeltsein, Gefundenhaben, Bleibenwollen. Und im Handumdrehen ist „German Glück“ fast schon ein Synonym von „Heimat“ geworden. Doch ohne all die ideologischen „Vergiftungen“ …  Fast unschuldig, würde ich sagen. Doch die Sache geht noch weiter: Dadurch, dass Sabine Eichhorst lauter ganz und gar individuelle Geschichten erzählt, wird das „german“ niemals zur „Nationalgröße“. Denn Glück ist und bleibt ein ganz persönliches Gefühl. Oder, wie es im ersten Kapitel schon so schön heißt: „Der Duft von Basilikum macht glücklich. Und Walzer tanzen. Sand unter den Füßen …“ so geht das gut zwei Seiten lang weiter. Ehrlich: Damit sind die Weichen gestellt. Eigentlich KANNST du beim Lesen dieses Buches gar nicht mehr unglücklich sein.

Grund Nummer 2: Glück ist absolut nichts Augenscheinliches

Und das, obwohl – Achtung, jetzt wirds gleich ganz paradox! – sehr viele von den dort porträtierten Menschen auf den ersten Blick ganz und gar keinen Grund haben, glücklich zu sein. Etwa die Frau, die als Mädchen völlig auf sich gestellt durchs Leben irrte – es war Krieg und die Zeit danach, ihren Vater kannte sie nicht …. Oder der Pastor, der im Rollstuhl sitzt. Oder die Frau, die mehr oder weniger von jetzt auf gleich ihre Arbeit komplett gegen eine völlig andere eintauscht; der Mann, der todkranke Menschen begleitet – und sterben sieht; die Frau, die ihren Mann täglich mehr an eine tückische Krankheit verliert; der Mann, der große Teile seines früheren Lebens vergessen hat …. Oder die junge syrische Familie, die den „Familiennachzug“ nur nach sehr vielen Momenten der Angst schafft (aus anderer Perspektive auch hier nachzulesen …) Sie alle haben diese – tja, Gabe. Die Gabe, glücklich zu sein. Manchmal sogar, ihr Glück – und sei es nur in Momenten – ganz besonders intensiv zu empfinden.

Es ist nicht verwunderlich: „Manchmal standen den Menschen, mit denen ich sprach, Tränen in den Augen. Oder mir. Was beglückte, war die Intensität der Gespräche, die Begegnung mit nicht selten Fremden, die dennoch ihre Gedanken mit mir teilten, ihre Erlebnisse, Erkenntnisse, ihren Schmerz und ihre Freude“, schreibt Eichhorst im Nachwort. Was mich wirklich verblüfft hat: Kein einziger der 18 hier beschriebenen Lebenswege schreit auf den ersten Blick: „O, da kommt ein glücklicher Mensch!“ (Na ja, den 100.000-Euro-Fernehquizgewinner ausgenommen. Und grad der sieht das Glück so ganz anders, als man vorher annehmen würde …) Nein, Glück ist erst einmal wirklich nichts Augenscheinliches. Man kann sich da ganz schön irren. Und das führt mich zu

Grund Nummer 3: Glück ist immer unerwartet, immer anders

Für alle Geschichten in diesem Buch gilt: Glück ist immer anders als erwartet!

Es findet sich bei Menschen, von denen man es nie und nimmer denken würde. Und ich habe gelernt: Wer imstande ist, gut in sich selbst hinein zu sehen, hat offenbar größere Chancen, das eigene Glück auch wirklich zu sehen. Es nie, niemals als selbstverständlich hinzunehmen – das ist vermutlich eines der Geheimnisse. Und die Intensität der Gespräche, die Atmosphäre, die Sabine Eichhorst dabei schafft, die tun ihr Übriges, damit einem das bewusst wird. Sie schildert alle vorgestellten Menschen mit so lakonisch-kleinen, sanft-feinen und doch absolut präzisen Worten, dass sie mich sofort in ihren Bann gezogen hat. Ja: Mich macht auch so was schon ausgesprochen glücklich! Etwa: „‚Ja‘, sagt sie und lächelt ein feines Lächeln, schiebt die Katze von ihrem Schoß und steht auf, holt die Kanne mit dem Tee.“ Später: „Es fällt schwer, sie in Verbindung zu bringen mit dem Mädchen, von dem sie spricht“ – ein Mädchen, das nach 1945 ganz allein in Ruinen hauste. Genau dieses Kapitel thematisiert auch – wie nebenbei, und doch recht eindringlich – das Thema „Resilienz“. Eben genau diese seltsame Fähigkeit mancher Menschen, trotz wahrhaft grässlicher Schicksalsschläge nicht unterzugehen. Oder eben – wie die Menschen, die Sabine Eichhorst gefunden hat – sogar noch das Glück hinter aller Schwere sehen zu können. Resilienz, das kommt oft schwer, akademisch und unbegreiflich daher. Nach dem Lesen dieses Buches aber versteht, nein: spürt man, was gemeint sein könnte.

Also: Bitte lesen, verschenken, sich selbst trösten lassen, andre trösten …

Erhältlich hier:

https://shop.autorenwelt.de/products/german-gluck-reise-durch-ein-unerwartet-gluckliches-land-von-sabine-eichhorst?variant=51526429446

Ich freue mich, wenn ihr diesen Beitrag in die Welt tragt ... danke!

2 Gedanken zu „German Glück: Mindestens drei gute Gründe, um glücklich zu sein

  1. Mir geht es wie dir, Maria: Bereits der Titel „German Glück“ springt mich an und macht mich neugierig. Bücher über Glück gibt es ja scharenweise, doch nach deiner Beschreibung ist das von Sabine Eichhorst ein ganz besonderes.
    Habe spontan ein Exemplar für eine kranke Freundin gekauft, vielleicht tröstet es sie.
    Danke für diese Buchempfehlung und viele Grüße
    Christine

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