Mode und ich. Oder: Bitte keinen Einheitsbrei!

Mode und ich. Oder: Bitte keinen Einheitsbrei!

Es ist wie immer: Wer zu lange wartet, hat am Ende einen dicken Haufen vor sich liegen… Was dann aber auch nicht unbedingt schlecht sein muss. Denn: Lässt man ihn lang genug liegen, ordnet sich manches von selbst. Bei dem dicken Haufen jetzt bitte nicht an was Stinkendes denken, sondern an was Schönes. Lauter tolle Taschen zum Beispiel.

Modeblogger 50plus

Seit ich diesen Blog gestartet habe, denke ich darüber nach, wie ich das Thema Mode unterbringen kann. Es interessiert mich. Sehr sogar, wie ihr bei texterella hier nachlesen könnt. Und doch: Ich denke einerseits, in einem 50plus-Blog braucht man einen besonderen Zugang zur Mode, besser: ICH brauche ihn. Denn  es gibt schon so viele tolle Modeblogs von Menschen über 50: aktiv und selbstbewusst, wie etwa Blingblingover50 oder ladylike – but never old fashioned  oder über50ist nicht beige und viele andre hier.
Und dann war es doch mal wieder die wunderbare Susanne Ackstaller mit ihrer texterella, die mich auf die richtige Spur brachte: In ihren Dienstagsschnipseln weist sie auf den recht hoch gegriffenen Begriff „Online Influencer“ statt stinknormalem „Modeblogging“ hin – was sehr ernsthaft, geradezu mit „Tiefgang“ auf journelles.de diskutiert wird. Daraus hab ich zwei Dinge gelernt:

Erstens: Ich will gar keine Influencerin sein!

Will nicht jedem Trend hinterher hecheln – was mit über 50 sowieso jede Menge Albernheit nach sich ziehen würde – denke ich. Ne, das muss ich nicht haben. Mir geht es ja grad um meine eigene Stimme. Und die Sichtbarkeit im Netz für Menschen meiner Generation. Diese Frage lässt mich nicht los. Wo und wie präsentieren wir uns? Mode ist dabei mit Sicherheit ein wichtiges Thema. Menschen wie wir aber haben Erfahrung, wissen, was ihnen steht, was sie wollen. Klar, macht es ab und zu auch Spaß, was Ausgefallenes, Neues, Unerwartetes zu entdecken, zu tun, auszuprobieren…. Aber wir stehen schon meist recht sicher mit beiden Beinen in unsrem EIGNEN Leben (was natürlich niemanden hindert, das alles auch immer mal wieder in Frage zu stellen…) Relativ klar scheint mir jedoch: Die Beeinflussbarkeit in Sachen Mode und Trends nimmt mit dem Alter ab. Und sei es nur aus dem ganz simplen Grund, weil es so anstrengend ist….

Zweitens: Auch Jüngere haben offenbar (endlich!) die Nase voll von vom „Einheitsbrei“ der jeweils ach so neuen, jüngsten „Trends“.

Das hat mich wirklich sehr gefreut! In der erwähnten Diskussion auf journelles.de sagt zum Beispiel Ari: „Ich entfolge auch immer mehr von diesen Accounts, da es ein totaler Einheitsbrei geworden ist und überall die gleichen Statussymbole auftauchen.“ Ha! Musik in meinen Ohren! Da wird zum Beispiel eine Tasche erwähnt, die nicht grad billig ist. Und trotzdem plötzlich überall auftaucht. Dazu sagt Ari: „mich schreckt ein Kauf von einer Tasche oder einem Schmuckstück eher ab, wenn ich es an 10 anderen Frauen in meinem Feed sehe.“ Ja. Geht mir ganz genauso. Denn Mode soll ja auch Ausdruck einer Persönlichkeit sein, oder? Zumindest hab ich das immer so gesehen.

Tasche. Luxus. Individuell. Mode50plus. Mode

Sehnsucht….

Und wenn dann so richtig viel Geld für Mode ausgegeben wird, kommt meiner Ansicht nach etwas dazu, was auf den ersten Blick so gar nichts mit Mode zu tun hat…  Eine gewisse Sehnsucht. Nach einem verlässlichen Begleiter, der immer und überall funktioniert – eine Tasche zum Beispiel. Oder nach Leichtigkeit, in Farben, Stoffen, Materialien. Oder nach dem Sommer-Feeling. Oder in dem Wunsch, mit einem bestimmten „Dresscode“ irgendwo dazu zu gehören. Oder ganz im Gegenteil: sich deutlich sichtbar mit einem modischen Statement abzugrenzen…. Sehnsucht?! Ist das nicht ein bisschen hoch gegriffen? Finde ich nicht. Denn für mich schließt sich da ein Kreis.
„Jeder Mensch hat so seine Lieblingsbilder.“ Dies ist nur ein Satz aus dem rundum lesenswerten neusten Buch von Sabine Asgodom: „Deine Sehnsucht wird dich führen.“ Nein, darin geht es nicht um Mode! Sondern um die „Sehnsucht nach einem erfüllten Leben“. Um Visionen, Träume, Veränderungswünsche…. Und doch, und doch! Gehört nicht auch Mode zur Veränderung – irgendwie? Kann nicht auch das komplett rundum erneuerte Outfit Teil und Ausdruck eines Lieblingsbildes sein?! Bei Frauen häufig doch.. oder etwa nicht? Sagen wir lieber: Bei mir ist das manchmal so. Mode hat bei mir so viel mit unterschiedlichen Lebensbereichen zu tun, dass dies vermutlich der wahre Grund dafür ist, warum ich in diesem Blog hier einfach nicht „die Kurve“ zur Mode hin kriege….

Handwerk

Zum Beispiel gehört für mich das Thema Handwerk ganz essentiell zum Thema Mode. Sei es, dass ich kostbare Stoffe liebe – und mir vor Bewunderung der Mund offen stehen bleiben kann, wenn ich sehe, wie kunstvoll-schön handgewebte Stoffe sein konnten. Und können. Dann hab ich Sehnsucht nach einem Leben, in dem jemand so etwas kann: Dinge selbst fertigen. Und lieben. Und am liebsten wäre ich dieser „Jemand“. An alten Dingen – auch und grade in der Mode – liebe ich das Handwerkliche sehr. Die Dinge dürfen dann auch gern Spuren gelebten Lebens zeigen, damit passen sie nur umso besser zu mir….
Und ganz, ganz selten begegnet einem Handwerkskunst, die so fein ist, dass man fast andächtig wird. Selten darum, weil solche Dinge in der Regel recht teuer sind…. Dafür können sie unter Umständen ein Leben lang halten. Womöglich sogar noch länger. Schließlich gab es eine Zeit, in der wurden „modische“ Dinge so produziert, dass man sie am Ende sogar noch vererben konnte. Ein Hochzeitskleid zum Beispiel. Oder eine Tasche… Wie weit ist unsre Wegwerfgesellschaft davon entfernt! Und wie sinnvoll waren solche Dinge mit einer langen „Lebenserwartung“! Sinnvoll habe ich gesagt – und auch das kann ja durchaus auch eine Sehnsucht sein: sinnvolle Dinge zu produzieren, zu kaufen, zu besitzen…..

Sehnsucht + Handwerk +  Mode = Kunstwerk

Einer, der das verstanden hat, ist Dirk Römer, der gemeinsam mit seiner Frau als „Hanford und Römer“ Taschen und andere Dinge aus Leder produziert, die eher „meisterlich zeitlose Kunstwerke“ sind als einfach nur „Taschen“. Mehr zu diesen Kunstwerken hier. Dabei geht es um sehr viel mehr als um eine Tasche. Beispielsweise auch darum, ein aussterbendes Handwerk zu retten: das des Täschner-Handwerks. Täschner werden in Deutschland nämlich gar nicht mehr ausgebildet!  Diese Handwerkskunst zu retten, das ist der Traum von Römer und Hanford.
Die Taschen werden außerdem auch noch individuell gefertigt, Kund/innen können sie sich selbst zusammenstellen. Das ist der wahre Luxus, ein individuelles, nicht auf den ersten Blick erkennbares Label, ein Produkt, das in jedem seiner Einzelschritte handgefertigt wird. Fast undenkbar in einer so schnelllebigen Zeit wie unserer….Darum kommt Römer in Sabine Asgodoms neuem Buch auch zu Wort – denn er hat den Mut, an seiner Sehnsucht festzuhalten. Asgodom beschreibt ihn als einen Mann, der die „Windmühlenflügel der Beliebigkeit“ anhalten will.

Bitte keinen Einheitsbrei mehr!

Und damit wären wir wieder bei unserem Ausgangspunkt.  Bei der Aversion gegen den „totalen Einheitsbrei“ der Modewelt, wenn „überall die gleichen Statussymbole“ auftauchen. Und diese Aversion teile ich definitiv mit allen Frauen, die auf der Suche nach ihrem eignen Stil sind – völlig unabhängig vom Alter. Und weil das so ist, müsste eine Rubrik „Mode“ in meinem Blog so viele Einzelaspekte haben, wie es Menschen gibt, die sich bewusst mit ihrem Mode-Stil, ihrer Mode-Sehnsucht, dem Handwerk auseinandersetzen…. ziemlich schwierig, oder?

Ich freue mich, wenn ihr diesen Beitrag in die Welt tragt ... danke!

14 Gedanken zu „Mode und ich. Oder: Bitte keinen Einheitsbrei!

  1. Liebe Maria,
    ein schöner, feinstofflicher Beitrag!
    Ich liebe modische Trends – vor allem auf der Straße (bevor sie zum Massen-Trend werden).
    Es gibt für mich nichts Schöneres als in einem Cafe in einer Stadt zu sitzen und Trends quasi mit meinem Näschen zu riechen.
    Sie inspirieren mich und wenn ich mag, kann ich mich mit diesen verwandeln.
    Ich mag gerne schöne Materialien fühlen – in den Händen und auf meiner Haut.
    Mein Traum wäre noch weniger an Kleidung zu besitzen; dafür aber viel mehr in edlere Materialien (nicht Marken) zu investieren.
    Sie dürfen sich gut anfühlen, mir Luft zum Atmen lassen, jede Bewegung mitmachen und eine gute Lebensenergie mitbringen.
    In meinen Lieblingsfarben, schwarz, weiß, grau bringen sie mich sinnlich und kompatibel durch den Tag und durch die Nacht.
    Ich liebe auch Vintage-Sachen, die mir beim ersten Berühren eine schöne Geschichte ins Ohr hauchen …

  2. Mir gehts wie „Rumpelkammer“: Mode hab ich ausgelassen und fühl mich wohl damit. Jeans, T-Shirts, Sweat-Shirts, zuhause Leggins – alles schwarz, das wars.

    Allein schon die Leidensbereitschaft, mit der viele Geschlechtsgenossinnen unbequeme Schuhe tragen, hat mich immer schon gewundert, ganz ebenso wie die viele Zeit, die für Schminken, Styling etc. aufgewendet wird.

    Handtaschen mag ich nicht, denn ich neige dazu, sie irgendwo zu vergessen. Lieber trag ich alles bei mir, entweder in Hosen- und Jackentaschen oder im Rucksack.

    Aber hey, das ist keine Kritik an Modefreundinnen! Interessant zu lesen, wie dein Zugang zum Thema ist!

    1. Liebe Claudia, mit den Schuhen bin ich jedenfalls schon mal ganz bei dir…. Und um LEIDEN soll es auch gar nicht gehen. Ich hoffe, da sind wir (Frauen, nicht mehr ganz jung..) endlich nicht mehr für anfällig. Hof-fent-lich! Ne, mein Zugang ist da dann eher schon haptisch-ästhetischer Art. Und die Geschichte(n) dahinter interessieren mich auch…. Meine eigene und die andrer Menschen…. Ich komme immer mal wieder drauf zurück, versprochen (allerdings dann auch nicht zuuuu oft….)
      Sei herzlich gegrüßt (in deinen Leggings? Ich übrigens auch grad….)
      Maria

  3. Mir hat dein Beitrag aus dem Herzen gesprochen. Ich bin seit 30 Jahren Modedesignerin und versuche Modell, Material, Farbe und Design passend für die zukünftige „Trägerin“ zu kreieren. Dabei entstehen individuelle, handwerklich perfekt genähte Einzelteile aus hochwertigen Materialien. Für mich ist ein Modell nur dann toll, wenn es die Schönheit einer Frau unterstreicht. Hört sich vielleicht zu hochgestochen an, aber ich versuche diesem Anspruch möglichst nahe zu kommen. Mehr unter http://www.hildepolz.de, oder auf
    Facebook ModeAtelier Hilde Polz München. Würde mich freuen mich mit dir weiter auszutauschen.

  4. Liebe Maria,
    was machen wir Männer nur? Ich will über Mode einfach nicht nachdenken müssen – und ich tu’s auch nicht. Was braucht ein Mann schon? Schwarze Hose, schwarze Hemden, weiße Hemden, weiße Hosen, schwarze Socken, weiße Socken, eine Aktentasche, entsprechende Schuhe – alles easy. Ach ja, vielleicht noch ne Krawatte – oder besser eine Fliege. Ein paar unifarbene Pullover. Vielleicht noch einen Panama-Hut für den Sommer und die schütteren Haare. Es gibt so viel anderes, sich den Kopf zu zerbrechen.
    Aber vielleicht lerne ich ja dazu

    1. Lieber Helmut Achatz, tja,schon wahr, Männer habens schwerer… ABER: Was ist mit Qualität? Wie wird ein Lieblingsteil zum Lieblingsteil? Wie wirkt der 55-Jährige mit einer Rocker-Lederjacke? Will er so wirken? Das sind schon Fragen. Auch für Männer, oder? 😉
      Herzlichen Gruß
      Maria

  5. ich lese solche Ausführungen immer mal gerne
    obwohl sie für mich eigentlich „böhmischeDörfer“ sind
    ich habe mit Mode so überhaupt nichts am Hut

    dieses Gen geht mir gänzlich ab schon von Kind an 😉

    zwar hat meine Mutter versucht mich dahin zu bringen mich schick anzuziehen
    doch es war mir eher lästig..
    ich ziehe mich an weil ich ja nicht ohne was gehen kann 😀
    Jeans und irgend was drüber..
    mich erstaunt immer wieder was andere so in ihren Schränken haben und dass bei manchen sich anscheinend der ganze Lebenssinn um Mode dreht 😉
    die Taschen die du gezeigt hat gefallen mir aber (auch wenn ich keine benutze)
    sie sehen klasisch und zeitlos schön aus

    die Taschen von Karin Scholz wären mir zu auffallend und man kann sie auch nicht zu allem tragen
    müsste also schon wieder mehrere haben

    aber jeder sollte sich so kleiden wie er sich darin wohlfühlt..

    liebe Grüße
    Rosi

  6. Liebe Karin, das sind tolle Links… Und liebe Maria, das hast Du schön beschrieben…

    Ich habe Mode schon immer mehr als Hingucker bei anderen genossen denn an mir selbst. Habe mich der Mode mit meiner Lieblingsfarbe Schwarz mehr und mehr entzogen und mich dabei wohlgefühlt. Je älter, desto mehr. Ich tauge nicht für „die“ Mode – und auch hier bei Dir finde ich viel interessantere Themen als das.

  7. Liebe Maria,
    da sagst Du was. Wenn ich das Talent und das nötige Kleingeld dazu hätte, dann würde ich mir meine Sachen alle selbst nähen.

    Trends, was sind Trends? In mancher Saison gefällt mir die Kleidung ganz gut, sodass ich mir das ein oder andere Teil zulege. Manchmal finde ich rein gar nichts. Ob es immer sinnvoll ist, was ich kaufe, sei dahingestellt. Ich glaube nicht. 🙂

    Influencer? Diese auf Hochglanz polierten Blogs finde ich oft sehr steril. Damit kann ich nichts anfangen. Ok, ein bisschen SEO kann nicht schaden. Denn schließlich will jeder gelesen werden. Aber man muss es nicht übertreiben.

    Ich bin froh, dass es mittlerweile viel mehr Modeblogger ü50 gibt als noch vor einigen Jahren. Bei mir gehört das Thema Lifestyle ebenfalls dazu. Nur auf Bling-Bling mag ich mich dann auch nicht reduzieren.

    Daher kann ich Deinen Ruf nach keinem Einheitsbrei gut nachvollziehen und danke Dir für Deine Erwähnung.

    Liebe Grüße Sabine

    1. Liebe Karin, bei so was muss ich ganz spontan KICHERN. Du hast ja so Recht!!!! Und ansonsten: Ich weiss nicht, ob ich wirklich so unspontan bin und immer nur zu viel nachdenke…. Ich finde Mode unendllich spannend. Mit soooo vielen Facetten, dass ich da ganz einfach nicht spontan sein KANN!
      Und komm mir bloß nicht wieder mit Grippe! Die hab ich nämlich grad erst endlich hinter mir gelassen…
      Herzlichen Gruß
      Maria

  8. Ein schöner Beitrag Maria, aber… du denkst zu viel. Stelle uns in deinem Blog doch einfach die Mode vor, die dir gefällt, denn dein Blog sollte so vielfältig sein wie du selbst.
    Die Tasche allerdings finde ich, trotz „handmade“ irgendwie der gängigen Form von Luxushandtaschen entsprechend und zumindest empfinde ich sie äußerlich als nichts besonderes.
    Ich wäre da, wenn ich es mir leisten könnte, eher für wirklich ausgefallene und handgemachte Einzelstücke wie beispielsweise hier: http://www.werkstueck.net/kollektion_100prozent/100prozent-big-office/ oder die Taschen von Karin Scholz, die meine Schwester und ich auf dem Berliner Weihnachtsmarkt entdeckt haben. Wir waren direkt schockverliebt. Siehe hier: http://www.karinscholz.com/de/floral.php.
    Aber das ist natürlich nur meine Meinung.
    Nochmal, zeig uns einfach, was dir gefällt (so aus dem Bauch heraus) und wir werden es mögen. Ich bin sicher!

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